© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 17/24 / 19. April 2024

Blick in die Medien
Mutter, Boß, Massenmörderin
Gil Barkei

Eine Clan-Funktionärin in der Science-fiction-Netflixproduktion „Tribes of Europa“, die hübsche Männer als Sex-Sklaven hält und diesen mit dem Tod droht, sollten sie vor ihr zum Orgasmus kommen. Eine russische lesbische Profikillerin in der britischen Serie „Killing Eve“, die ihr Handwerk liebt und (stets elegant gekleidet) Sterbenden gern bei ihrem Todeskampf in die Augen schaut. Eine fürsorgliche asiatische Mutter in dem Triaden-Mehrteiler „The Brothers Sun“, die hinter den Kulissen gegen ihren Chauvi-Ehemann an ihrer Machtübernahme der taiwanesischen Mafia arbeitet. 

Seit Jahren setzen Filme und Serien verstärkt auf starke Powerfrauen, die sich nehmen, was sie wollen – auch in negativer Hinsicht mit allen menschlichen Abgründen. Vielen Dank für diese eigentlich in der Tat notwendige Gleichberechtigung. Und natürlich wurden und werden böse, gewalttätige Männer ebenfalls gern glorifiziert und heroisiert oder einfach nur als interessante Persönlichkeiten verharmlost. Als Beispiele seien die vielen Streifen über charismatische Serienkiller wie „Dahmer“ oder über luxusschwelgende Kartellbosse wie „Narcos“ genannt.

Serien und Filme verklären negative Figuren immer öfter als emanzipierte Powerfrauen im Kampf gegen Männer.

Doch warum müssen Filme über zwar taffe, aber mehr als grenzwertige Frauen zwanghaft inflationär das Thema Feminismus bespielen? So wird auch die reale kolumbianische Drogendealerin und mehrfache Mörderin Griselda Blanco in der gleichnamigen Netflixserie neben aller Grausamkeit als Empowerment-Vorkämpferin für arme unterdrückte Frauen und Einwanderer verklärt, die angesichts der Peinigung durch Männer quasi erst zu ihren kriminellen Handlungen gezwungen wird. Alleinerziehende Mutter, selbstbewußte Liebhaberin und gewiefter „Girl Boss“, die die arroganten Männer ausbootet und ausgebeuteten Prostituierten zu einem neuen glamourösen Job verhilft. 

Und auch die emanzipierten Ellenbogen einsetzende Haudrauf-Figur Beth Dutton in dem US-Epos „Yellowstone“ über eine mit Konkurrenten kämpfende Ranch in Montana ist gewissermaßen nur so eiskalt abgebrüht, weil sie sich seit Jugendtagen ein dickes Fell anlegen mußte, um im gnadenlosen Patriarchat zu bestehen. So viele ausgelutschte Narrative können dann oft selbst die ausgefallensten Plots und besten Schauspielleistungen nicht auffangen.