© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 17/24 / 19. April 2024

Kein Strom für Hamas-Freunde
„Palästina-Kongreß“: Polizei löst linksextreme Sitzung auf
Lorenz Bien

Am Ende kappten Polizeibeamte der Veranstaltung den Strom. Der zunächst zugelassene Berliner Palästina-Kongreß am vergangenen Freitag, veranstaltet von verschiedenen linksextremen Gruppen wie der Arbeiter:innenmacht, der Revolutionären Linken, der Partei Democracy in Europe Movement sowie dem jüdisch-israelkritischen Bündnis Jüdische Stimme, wurde von den Behörden in dem Moment untersagt, als Salman Abu Sitta für eine Rede zugeschaltet werden sollte. 

Der 86jährige Palästinenser hatte im Januar in einem Essay die „Entschlossenheit und Courage“ der Hamas-Terroristen gepriesen. Wäre er selbst jünger, schrieb Abu Sitta, hätte er vermutlich an dem Angriff vom 7. Oktober teilgenommen. Der Gazastreifen sei ein „Konzentrationslager“, welches „in Dauer und Größe die Lager in Auschwitz, Treblinka und Dachau“ übertreffe. Nach Ansicht der Polizei verstieß das Zuschalten des Redners gegen die Auflagen, die die Behörde dem Kongreß im Vorfeld erteilt habe: Keine Sympathiebekundungen mit der Hamas oder anderen Terrorgruppen, keine Relativierung der Shoah und kein Verbrennen von Fahnen oder Puppen. 

Sie kappte nicht bloß die Stromzufuhr, sondern untersagte auch die restliche Veranstaltung. Es bestehe die Gefahr, daß sich „solche antisemitischen, gewaltverherrlichenden und den Holocaust verleugnenden Redebeiträge bei der Veranstaltung wiederholen könnten“, sagte eine Polizeisprecherin dem Tagesspiegel. In der Folge demonstrierten am Samstag und Sonntag etwa 1.900 Menschen gegen das Verbot der Veranstaltung – größtenteils ohne Zwischenfälle. Insgesamt drei Personen seien  festgenommen worden, weil sie Polizeibeamte angegriffen hatten.  

Daraufhin erteilte das Landesamt für Einwanderung drei Rednern des Kongresses ein politisches Betätigungsverbot für Deutschland. Der griechische Linkspolitiker Yanis Varoufakis kritisierte das deutsche Innenministerium daraufhin auf dem sozialen Netzwerk X. Auch gegen ihn sei ein Betätigungsverbot erlassen worden. „Das bedeutet nicht nur ein Verbot, Deutschland zu besuchen, sondern auch ein Verbot der Teilnahme über Zoom“, schrieb Varoufakis. Dazu veröffentlichte er die geplante Rede: „Urteilen Sie selbst“. Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) widersprach: Gegen den griechischen Politiker sei kein Betätigungs-, sondern lediglich ein Einreiseverbot verhängt worden. Spranger verteidigte auch die Auflösung der Veranstaltung. Es habe sich die Einschätzung bestätigt, daß „es nicht um eine kritische Diskussion über israelische Politik“ gehe, sondern „um die Vernetzung von israelfeindlichen und antisemitischen Personen und Gruppen“. Einer der Anwälte des Kongresses kündigte gegenüber der taz an, vor das Verwaltungsgericht ziehen zu wollen. Die Auflösung der Veranstaltung sei nicht rechtskonform gewesen.