Zugegeben, wir waren nie Fans von Udo Lindenberg, haben ihn immer ein wenig belächelt. Unsere Einstellung ändert sich, als wir zur Beerdigung eines erst 47jährigen Bekannten fahren.
Vor dem Altar der kleinen Dorfkirche steht der blumengeschmückte Sarg, davor prangt ein großes Gemälde: In leuchtenden Farben verschwindet die Sonne am Horizont, auf ruhigem Meer dümpelt einsam ein Segelboot. Dazu ertönt die Stimme Udo Lindenbergs „Hinterm Horizont geht’s weiter …“ Eine tröstliche Atmosphäre.
Udo und seine Musiker rocken Galerie und Bibliothek und stehen für einen Plausch zur Verfügung.
Später während einer Schiffsreise wird eine Vernissage Lindenbergs in Anwesenheit des Künstlers angekündigt. Sehenswerte Malereien und Ausschank von Champagner, für uns Grund genug, an der Veranstaltung teilzunehmen.
Wir erscheinen ein paar Minuten zu spät, die Vorstellung ist bereits in vollem Gange. Udo und zwei seiner Musiker rocken Galerie und Bibliothek mit unglaublicher Professionalität, wobei allein schon der Pianist eine Klasse für sich ist.
Die etwa dreißig anwesenden Gäste verschwenden keine Blicke für Bilder und Zeichnungen, denn Udo strahlt eine Musikalität aus, die wir nicht annähernd erwartet hatten. Ehe er zum „Sonderzug nach Pankow“ ansetzt, gibt er noch launig und nuschelnd die Hintergrundgeschichte zum damaligen Auftritt in der DDR zum besten.
Dann beendet er seinen Auftritt mit dem Lied „Hinterm Horizont geht’s weiter“. Anscheinend hat er unsere plötzliche Traurigkeit bemerkt, denn er kommt mit seinem Sektglas auf uns zu. Wir erzählen von der Beerdigung unseres Freundes. Udo ist gerührt, er kann unsere Gefühle nachempfinden, denn er hatte diesen Song für einen ähnlichen Trauerfall komponiert.
Wir drei sind dann die letzten, die sich noch am Knallkümmel ergötzen, Themenwechsel hat längst stattgefunden. Lachsalven und pfiffige Wortspielereien animieren den Bordfotografen, pausenlos auf den Auslöser seiner Kamera zu drücken. Eines der lustigen Bilder hängt nun in der Küche und sorgt für gute Laune und Erstaunen der Besucher.
Wir agieren als Band politisch, weil Neutralität gar keine Option ist heutzutage.
Farin Urlaub, Sänger der „Ärzte“, (*1963)