© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 16/24 / 12. April 2024

Aufstieg des halachischen Staates aus der Asche Israels
Theokratische Visionen

Ein friedliches Miteinander zwischen Juden und Arabern, Israelis und Palästinensern, rückt für Bernard Avishai in dem Maß in weite Ferne, wie in beiden Lagern der Einfluß theokratischer Utopien an Boden gewinnt (Lettre International, 144/2024). Diesen registrieren westliche Kommentatoren zumeist nur auf seiten der fundamentalislamistischen und terroristischen Hamas, die seit vier Jahrzehnten Israel angreift. Hingegen werde, wie der 1967 von Kanada nach Israel eingewanderte Publizist beklagt, der religiöse Zionismus, dessen ultraorthodoxe Wortführer die „völlige jüdische Herrschaft über das gesamte Gebiet vom Mittelmeer bis zum Jordan“ anstreben, einhergehend mit der Auslöschung der arabischen Existenz, notorisch ausgeblendet. Genauso offen wie Hamas-Funktionäre die Scharia-Herrschaft propagieren, empfehlen die Fürsprecher dieses „jüdischen Atavismus“ die Thora als Staatsverfassung und die Ersetzung der Normen der säkularen hebräischen Demokratie durch das klassische rabbinische Recht der Halacha. „Der Aufstieg des halachischen Staates aus der Asche des heutigen liberal-demokratischen Israel“ sei eine zionistische Vision, die jeden Friedensprozeß in der Region genauso effektiv blockieren werde wie der Fanatismus der muslimischen Gegenseite. (dg)