© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 15/24 / 05. April 2024

Affenkönig auf Rachefeldzug
Kino: „Monkey Man“ von Dev Patel ist ein klischeeüberfrachtetes Rachedrama im Quentin-Tarantino-Stil
Dietmar Mehrens

Wem es über Ostern zu ruhig und besinnlich war, für den bringt Universal Pictures jetzt mit „Monkey Man“ einen Film in die Kinos, der durch – buchstäblich – hohe Schlagzahl und temporeiche Action für beschleunigten Puls beim Zuschauer sorgt. Dabei beginnt das von dem indischstämmigen Schauspieler Dev Patel geschriebene, inszenierte und mitproduzierte Rachedrama ganz ruhig und idyllisch damit, daß eine Mutter ihrem kleinen Sohn irgendwo im Dschungel eine Geschichte erzählt: die bekannte Legende von Hanuman, dem Affenkönig, der Stärke und Mut verkörpert. Letztere verdanken sich indes einer traumatischen Verletzung. Hanuman hielt nämlich die Sonne für eine Mango und wollte sie vom Himmel pflücken. Daß man sich dabei die Finger verbrennt, dürfte klar sein.

Verbrannte Hände und eine Affenmaske, unter der er sein Antlitz verbirgt, sind auch die Markenzeichen eines gutaussehenden, ansonsten aber unscheinbaren jungen Mannes (Dev Patel), der sich Billy nennt und sich seinen Lebensunterhalt in einem illegalen Kampfclub verdient. Dort läßt er sich gegen entsprechendes Bestechungsgeld von den Publikumslieblingen in blutigen Duellen verdreschen. Nach Jahren der unterdrückten Wut bietet sich Billy schließlich eine Gelegenheit, eine alte Rechnung zu begleichen. Er hat es auf Rana Singh (Sikandar Kher), einen korrupten Polizeioffizier im Dienste eines populistischen Bonzen, abgesehen.

Im Kampf gegen die finsteren Mächte des Bösen

In kurzen Rückblenden, die wie kleine Puzzleteile, die man zusammenlegt, allmählich ein Bild erkennen lassen, deckt der Film nach und nach den Grund für Bobbys Rachegelüste auf. Tiefe Narben hat ein Verbrechen hinterlassen, bei dem der Junge alles verloren hat, was ihm lieb und teuer war. Die Begegnung mit Rana Singh, der ihn nicht kennt und keine Ahnung von Billys Haß auf ihn hat, löst eine Gewaltspirale aus. Billy muß schmerzlich erfahren, daß seine Erfahrungen aus dem Kickboxring nicht ausreichen, um Singh den Garaus zu machen. Er muß erst mal seine Mitte finden!

Dabei hilft ihm, nachdem er Singhs Schergen nur mit Mühe und erheblichen Blessuren entronnen ist, der geheimnisvolle Tempelhüter Alpha (Vipin Sharma), eine Art Sektenpriester, der zu seinem Mentor und Gehilfen im Kampf gegen die finsteren Mächte des Bösen wird und es mit seinem androgyn-transsexuellen Aussehen dem Verleih noch etwas leichter gemacht hat, den Film (ursprünglich für Netflix produziert) hierzulande auf den Markt zu bringen. Billy muß sich unter Alphas Ägide erst mal den eigenen Dämonen stellen und sich erinnern, „wer er ist“, um für den Kampf gewappnet zu sein.

Von Alpha lernt der Kampferprobte, daß Zerknirschung und Zerstörung (im Original: „devotion“ und „destruction“) in Korrelation zueinander stehen. Die indische Zerstörungsgöttin Kali steht Pate bei den Instruktionen des Untergrundpriesters, die der nach Subkontinent riechenden US-Produktion die passende Portion heidnisch-hinduistischer Spiritualität verleihen und so den Gruselfaktor erhöhen. Gedreht wurde freilich nicht in Indien, sondern in Batam (Indonesien).

Regisseur und Hauptdarsteller Patel war für seine herausragende Darstellung eines Verschollenen in „Lion – Der lange Weg nach Hause“ 2017 für den Oscar nominiert. Mit seiner Bollywood-Version von Quentin Tarantinos „Kill Bill“ (2003), einer Prise „Spiel mir das Lied vom Tod“ (1968) und rasanten Kampfkunstszenen, die an die Filme der „John Wick“-Reihe mit Keanu Reeves erinnern, sorgt der gebürtige Londoner dafür, daß man als Zuschauer trotz seiner vor allem anfangs äußerst fahrigen und hektischen Inszenierung nicht die Orientierung verliert. Alles bleibt in bekannten Bahnen, und schon das kurze Resümee des Inhalts macht deutlich: Das Rad hat der 33jährige mit seiner klischeeüberfrachteten Tarantino-Variation nicht gerade neu erfunden. Ein Film, wie gesagt, für alle, denen es gerade zu ruhig ist. Denn zur Ruhe kommt das vor allem anfangs viel zu laut, krude und wild wirkende Rachedrama im „Death Wish“-Modus erst, wenn sein Held am Boden liegt, was immerhin einige Male vorkommt. Aber wie heißt es so schön: Hinfallen ist schlimm, liegenbleiben ist schlimmer! Kinostart ist am 4. April