Ein Gespenst geht um in Österreich – das Gespenst des Kommunismus. Beziehungsweise das, was noch von ihm übrig ist. Denn trotz des Wahlerfolgs bei den Bürgermeisterwahlen in Salzburg, wo die Kommunisten eine Stichwahl erzwingen konnten, wollen manche Genossen nicht mehr gerne als „linksradikal“ oder „kommunistisch“ bezeichnet werden.
Damit ein herzliches Willkommen in Österreich, wo man das „Irgendwie-schon-aber-irgendwie-auch-nicht“-Herumlavieren zur Staatsräson erhoben hat. Einerseits gehörten die Kommunisten zu den Gründungsmitgliedern der Zweiten Republik und waren Teil der Provisorischen Staatsregierung ab 1945. Daran erinnern die KPÖ-Funktionäre sich und vor allem andere heute noch immer gerne. Doch da war auch noch die Sache mit den weltweit 100 Millionen Toten im 20. Jahrhundert unter dem Banner dieser totalitär-kollektivistischen Ideologie. So viele Leichen bringen selbst den eloquentesten dunkelroten Parteistrategen in Erklärungsnot.
Seither wird Graz vom kapitalistischen Klassenfeind auch spöttisch „Stalingraz“ genannt.
Das Schöne an der Vergangenheit ist ja oft, daß sie vergangen ist. Viele Jahrzehnte mußte man sich bei der KPÖ mit der Namensfrage auch nicht weiter auseinandersetzen. Die überzeugtesten Jünger von Marx und Lenin fristeten in der Zweiten Republik ein Nischendasein. Über fünf Prozent Wähleranteil kam man bei bundesweiten Urnengängen nie hinaus; und in den vergangenen 50 Jahren stand österreichweit sogar meist nur eine Null vor dem Komma. In ganz Österreich?
Nein! Ein von unbeugsamen Blutroten bevölkertes Dorf hörte nie auf, dem kapitalistischen Eindringling Widerstand zu leisten. Gut, das „Dorf“ heißt Graz. Hier fuhr die KPÖ im Herzen der Steiermark, dort wo sich Hammer & Sichel gute Nacht sagen, in den vergangenen Jahrzehnten verläßlich hohe zweistellige Ergebnisse bei Kommunalwahlen ein. Mit Elke Kahr stellt die Partei seit vergangenem Jahr auch die Grazer Bürgermeisterin. Seither wird die Stadt vom Klassenfeind auch spöttisch „Stalingraz“ genannt. Mit dem Erringen des Bürgermeistersessels ist nun wieder die mediale Debatte um den Parteinamen entbrannt.
Dabei würden die Genossen viel lieber über ihr Lieblingsthema und politischen Erfolgsgaranten, das „Leistbare Wohnen“ sprechen. Das gilt auch für Kay-Michael Dankl, den Spitzenkandidaten in Salzburg, der im Gegensatz zu Kahr weniger Kommunist als vielmehr machtbewußter Pragmatiker und Eigenheimbesitzer (!) ist. Dankl kam im übrigen mit Babygurt samt Baby zur Bürgermeisterstichwahl, in der er sich dann einem Sozialdemokraten geschlagen geben mußte. Man kann ja über Karl Marx sagen, was man will, aber er hätte mit Sicherheit keinen Babygurt getragen. Kommunisten sind auch nicht mehr das, was sie mal waren.