Der frühere CDU-Sozialminister Norbert Blüm pflegte zu behaupten, die Rente sei sicher. Das ist lange her. Heute reicht die Rentenhöhe hinten und vorne nicht mehr. Nach 40 Jahren harter Arbeit nicht einmal 1.000 Euro (größtenteils steuerpflichtige) Altersrente ab 67 Jahren zu bekommen, ist keine Ausnahme, sondern inzwischen ein schon sehr häufiger Fall. Anders ist es, wenn es jemand in den Bundestag geschafft hat.
Bereits nach einer Wahlperiode (vier Jahre) besteht ein Altersentschädigungsanspruch von etwa 1.032 Euro monatlich. Das entspricht dem Siebenfachen der Rentenanwartschaft eines gesetzlich Rentenversicherten mit einem Durchschnittsentgelt für den gleichen Zeitraum. Für die AfD-Fraktion ist es daher „ein Gebot der sozialen Gerechtigkeit, die Wähler und die gewählten Abgeordneten im gleichen Alterssicherungssystem zu versichern“, heißt es in einem maßgeblich von der Abgeordneten Ulrike Schielke-Ziesing formulierten Antrag, der kürzlich im Bundestag beraten wurde.
In der Bundestagsdebatte waren Vertreter der anderen Fraktionen empört, daß die AfD ihnen an die schönen Privilegien will. Dazu muß man wissen, daß viele Abgeordnete mit eigener Hände Arbeit kaum Einkünfte in Höhe der monatlichen Diäten von 10.591,70 Euro erzielen würden. Diese Diäten sind zwar steuerpflichtig, aber im Gegensatz zu Löhnen und Gehältern von Rentenversicherungsbeiträgen befreit, was das Netto im Vergleich zu Arbeitnehmern erhöht. Hinzu kommt eine steuer- und abgabenfreie Kostenpauschale von 5.051,54 Euro pro Monat. Ausgezahlt werden kann die Altersversorgung schon ab dem 63. Lebensjahr (mit Abschlägen).
Verzicht ist ein Wort, das Politikern nur über die Lippen kommt, wenn es um Appelle an die Bürger geht. Selbst auf etwas zu verzichten, geht offenbar nicht. Patrick Schnieder (CDU) stellt sich allen Ernstes auf den Standpunkt, daß die Diäten erhöht werden müßten, sollten die Abgeordneten in die Rentenversicherung kommen. Sie müßten dann als Ergänzung Eigenvorsorge betreiben. Markus Kurth (Grüne) würde eine Versicherung der Politiker in der gesetzlichen Rentenversicherung richtig finden, befürchtet jedoch eine „Neiddebatte“, weil die Höhe ihrer Zusatzversorgung weit über der gesetzlichen Rente liegen müßte. Das sagen ausgerechnet Politiker, die die Betriebsrenten, die Zusatzversorgung für rund 20 Millionen Arbeitnehmer, drastisch zusammengekürzt haben, indem sie die Betriebsrenten der Krankenversicherungspflicht unterwarfen.
Leni Breymeyer (SPD) erzählt die im Bundestag häufig zu hörende Geschichte von den angeblich unterbezahlten Politikern in anderer Form neu. Mittlere Führungskräfte der Privatwirtschaft würden sie angesichts des Aufwands für das Mandat und des Ertrags für die Abgeordnetentätigkeit belächeln. Wenn die Führungskräfte wüßten, daß zu Diäten und Kostenpauschale noch eine Bahncard 100 erster Klasse und das Recht auf kostenlose Inlandsflüge hinzukommen, würde ihnen vermutlich das Lachen vergehen.