© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 15/24 / 05. April 2024

Kommunalwahlen in der Türkei
Anfang vom Ende Erdogans
Curd-Torsten Weick

Bei den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen vor zehn Monaten kam Langzeit-Staatschef Recep T. Erdoğan mit einem blauen Auge davon. Schon lange vorher sah es nicht rosig für ihn aus. Eine zerstrittene Opposition und die Stimmen der Auslandstürken retteten ihm noch einmal den Kopf. Zudem erhofften sich Rentner, Arbeitnehmer und Arbeitslose angesichts von hoher Inflation und Wirtschaftskrise nochmal Stabilität durch den 70jährigen. Es änderte sich aber nichts. Der ständige Aufschub leerer Versprechungen sowie die „Arroganz“ des Alleinherrschers, der sich laut Yetkin Report „von niemandem überstrahlen lassen“ wollte, führten zur Niederlage Erdoğans und seiner AKP bei der Kommunalwahl.  

Vor allem der Niedergang der nationalistischen MHP, deren Rolle es war, Steigbügelhalter der AKP zu sein, ist ein Zeichen für einen politischen Neuanfang unter Führung der kemalistisch-sozialdemokratischen CHP, die als Sieger der Kommunalwahl hervortrat.  

Bereit dafür stehen die CHP-Bürgermeister von Istanbul und Ankara, die beide ihre Wahlen zum zweiten Mal deutlich gewannen. Wichtig wird aber sein, daß die nationalkonservative İYİ-Partei, die bis dato mit der CHP verbündet war, wieder in die Spur findet. Denn deren Parteichefin hatte im Wahlkampf nicht nur Erdoğan und die AKP angegriffen, sondern auch die CHP. Das ging nach hinten los. Der Stimmenanteil sank von 7,5 auf 3,8 Prozent. Kein gutes Ergebnis für ein breites Bündnis gegen Erdoğan & Co.