Das Berliner Schloß kommt nicht zur Ruhe: Vor Ostern wurden auf der Ballustrade der Kuppel-Rotunde acht originalgetreue Skulpturen biblischer Propheten montiert. Anlaß für linksgerichtete Gegner der Rekonstruktion zu einer neuen, miesepetrigen Kampagne: Sie wärmen den alten Vorwurf auf, unter Zehntausenden Förderern des Schloßvereins befänden sich „Rechtsradikale“, darunter, so erschnüffelten sie, die Publizistin und DDR-Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld oder auch die JUNGE FREIHEIT. Im Zuge der aktuell neu befeuerten Anti-Rechts-Hysterie hoffen sie als Trittbrettfahrer zu reüssieren. Der Architekt Philipp Oswalt beklagt als Wortführer, daß die Propheten die „christliche Symbolik“ unterstrichen und man „von einer bewußten fundamental-christlichen Unterwanderung des Stadtschlosses ausgehen“ müsse, die sich „bestens in die islamophoben Tendenzen der Zeit einfügt“.
Es ist eine Schande, wie die Öffentlichkeit mit jenen umgeht, die sich um Heilung der Zerstörung bemühen.
Vorwürfe, die Schloßvereins-Vorsitzender Wilhelm von Boddien souverän zurückwies. Neben linken Medien, die die Empörungswelle tragen, entblödete sich auch die FAZ nicht, sich über den „riesigen Quader“ in Berlins Mitte zu mokieren und Oswalts „Schurkenregister“ angeblicher rechtsradikaler Spender zu würdigen.
Zu einem „Spießrutenlauf“ (Berliner Morgenpost) vorbei an linken Protestierern wurde am Ostermontag der Eröffnungsgottesdienst für Besucher in der Kapelle des neu errichteten Turms der 1968 von der SED gesprengten Potsdamer Garnisonkirche. Der Teil-Wiederaufbau dieses Gebäudes ist seit Jahren ähnlich umstritten wie das einst ebenfalls als Symbol Preußens von der SED gesprengte Berliner Schloß.
Philipp Oswalt stilisiert die architektonischen Rekonstruktionen in der Zeit gar zu einer „Kulturrevolution von rechts“ und ihre Durchsetzung gegen Widerstand von links als Beispiel, wie es der „Neuen Rechten“ mit „ihrem Ideengut“ gelungen sei, „bis in die gesellschaftliche Mitte vorzudringen“. Nach dieser Logik bleibt eigentlich nur die erneute Sprengung dieser Bauwerke, um den rechten Durchmarsch zu stoppen.
Jedem Kritiker sollte es Schamesröte ins Gesicht treiben, wenn er einmal nach Breslau fährt und die von den dort seit 1945 lebenden Polen bis ins letzte Detail deutscher Inschriften liebevoll restaurierte historische Altstadt bewundern kann. Wahrlich schändlich, wie die Öffentlichkeit indes hierzulande mit jenen umgeht, die sich um die wenigstens minimale Heilung des im Krieg – und Nachkrieg – tief entstellten Antlitzes unserer Städte bemühen.
Es ist wiederum bezeichnend, daß die Rekonstruktionen auf Basis- und Privatinitiativen zurückgehen – und kaum auf die öffentliche Hand. Diese schirmt sich lieber in gesichtsloser GEZ-Architektur aus Beton, Stahl und Glas ab.