© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 14/24 / 29. März 2024

Trotz Bauernprotest beschließt der Bundesrat das Aus beim Agrardiesel
Auch von der CDU verraten
Jörg Fischer

Der Vorwurf kam von rechts wie links: „Wer hat uns verraten? Die Sozialdemokraten!“ Denn 1918 entschied sich die SPD für den Mittelweg zwischen Kaiserreich und Rätediktatur. Vorige Woche ging es um viel weniger, aber für viele Bauern um ihre Existenz. Und dabei verrieten nicht nur SPD-Ministerpräsidenten die Landwirte, sondern auch CDU-geführte Bundesländer ihre einstige Kernklientel: Der Bundesrat stimmte dem vermeintlichen Wachstumschancengesetz der Ampel zu und damit auch dem Wegfall der Agrardiesel-Steuererleichterung zu. Nur Bayern, wo die CSU mit den Freien Wählern (FW) regiert, hielt dagegen. Auch ein Kompromißantrag des rot-schwarz-grün regierten Brandenburgs zum Agrardiesel wurde abgelehnt.

Die wochenlangen Bauernproteste, die von Handwerkern und Spediteuren unterstützt wurden, haben nichts gebracht. Die CDU ist – wie beim irrwitzigen Cannabisgesetz – vor der Ampel und ihrem perspektivischen Wunschpartner, den Grünen, erneut eingeknickt. Die Zusage von Friedrich Merz, die Bundesratszustimmung zum Wachstumschancengesetz an den Erhalt des Agrardiesels zu koppeln, wurde nicht eingehalten. Auch der CDU-dominierte Deutsche Bauernverband (DBV) hat die Landwirte hintergangen. Die von DBV-Präsident Joachim Rukwied angedeutete „gleichwertige Kompensation“ wird es angesichts der Haushaltslage nicht geben. „Immer mehr Bauern fallen der grünen Ideologie zum Opfer“, beklagte FW-Chef Hubert Aiwanger. „Die Vorschläge der Bundesregierung zur Entlastung der Landwirtschaft sind unkonkret und bringen unsere Landwirtschaft im Vergleich zu den EU-Nachbarn nur weiter ins Hintertreffen.“

Das stimmt, und die AfD sieht das auch so. Doch unter einer unionsgeführten Bundesregierung wird die faktische Steuererhöhung um 21,48 Cent pro Liter Agrardiesel nicht rückgängig gemacht – im Gegenteil: Das Brennstoff­emissionshandelsgesetz wurde 2019 unter Angela Merkel beschlossen. Es verlangt eine jährlich steigende „CO₂-Bepreisung“ von Kraftstoff und Erdgas, um die „nationalen Klimaschutzziele, einschließlich des langfristigen Ziels der Netto-Treibhausgasneutralität bis zum Jahr 2045“ zu erreichen. Merz will ab 2025 mit Grünen regieren – und deren bellizistische Außenpolitik ist für ihn entscheidender als jeder deutsche Bauer.