© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 14/24 / 29. März 2024

Die US-Zentralbank Fed stellt weiterhin Zinssenkungen in Aussicht
Globale Aktionswoche
Thomas Kirchner

Also doch drei Zinssenkungen in diesem Jahr statt zwei? Jerome Powell verlängert die Partylaune der Börsen gleich zu Beginn seiner Rede: Ein unerwarteter Anstieg der Arbeitslosigkeit würde ihn zu Zinssenkungen veranlassen. Der Chef der US-Zentralbank Fed wiederholte es mehrmals auf der Pressekonferenz. Wir erleben wieder eine der Phasen, in der keine unmittelbare Zinsmaßnahme erwartet wird. Stattdessen wird jede Äußerung unter die Lupe genommen, um so Zeitpunkt und Ausmaß künftiger Maßnahmen abzuleiten. Dazu kommen Daten, die eher auf höhere Zinsen hindeuten: Höhere US-Inflationszahlen, Öl und Gas steigen auch wieder. Anomalie oder Trend? Der Wortlaut deutet an, daß die Fed dies als Ausrutscher ansieht.

Einschließlich Fed äußerten sich gleich fünf Zentralbanken vorige Woche zur Geldpolitik. Die australische Zentralbank sowie die Bank von England hielten am bisherigen Leitzins fest. Die Bank von Japan verkündete das Ende ihrer achtjährigen Negativzinspolitik – das war erwartet worden, wenngleich nicht schon für März. Für Yen gibt es nun Zinsen zwischen Null und 0,1 Prozent statt der bisherigen -0,1 Prozent. Doch dabei soll es bleiben, höhere Zinsen oder ein Ende der Anleihenkäufe sind nicht in Sicht. Trotzdem handelte der japanische Gewerkschaftsbund Rengo mit 5,25 Prozent die höchsten Lohnerhöhungen der vergangenen 31 Jahre aus. Die Zinsen mögen zwar erhöht worden sein, insgesamt betrachtet ist Japans Geldpolitik aber weiterhin locker. Der Yen setzte seine Schwäche deshalb fort und bleibt, wie auch der Schweizer Franken, eine attraktive Finanzierungswährung für spekulative Finanzanleger.

Eine Überraschung in die andere Richtung kam von der Schweizerischen Nationalbank (SNB), deren Zinssenkung von 0,25 auf 1,5 Prozent erst für später erwartet worden war. Die SNB ist somit die erste westliche Zentralbank, die auf die gesunkene Inflation reagiert: Sie lag in der Schweiz seit Juni 2023 unter zwei Prozent und im Februar bei nur 1,2 Prozent. Für den Franken war es Gift: er ist in Erwartung von Zinssenkungen schon seit Wochen schwach und fiel gegenüber dem Euro um weitere zwei Prozent. Sollte es zu weiteren Senkungen im September und Dezember kommen, könnte der Franken auf Parität zum Euro fallen. Die SNB steht im Ruf, der EZB immer etwas vorauszueilen.

Die Arbeitsmarktdaten, auf die Powell hinweist, sind höchst umstritten. Obwohl die Arbeitslosigkeit offiziell niedrig ist, fürchten Beobachter, daß dies auf eine Zunahme der Teilzeitarbeit zurückgeht, die nicht richtig erfaßt wird. In 20 US-Bundesstaaten hat die Arbeitslosigkeit bereits so stark zugenommen, daß eine Rezession nach dem Kriterium der Fed-Forscherin Claudia Sahm eingetreten ist, das sich zunehmend als Alternative zur konventionellen Definition von zwei Quartalen mit negativem Wachstum etabliert. Die Börse setzt in Erwartung von drei Zinssenkungen der Fed ihre Rally fort. Beobachter haben errechnet, daß der Anstieg um 27 Prozent seit Oktober den stärksten Anstieg seit 1970 in Erwartung einer Zinssenkung darstellt. Viel kann also schiefgehen, sollte es anders kommen.

Passend zur grenzenlosen Euphorie: Vorige Woche ging das Diskussionsforum Reddit an die Börse, dessen Teilnehmer während der Covid-Krise die Blase von GameStop und anderen Aktien befeuerten. Die Reddit-Aktie stieg um 48 Prozent. GameStop liegt mehr als 80 Prozent unter dem damaligen Höchststand. Eine Warnung an alle, die zu euphorisch sind.