EU-Versager. Markus Preiß, seit 2016 Leiter des ARD-Europastudios in Brüssel, stellt eine Ausnahme unter den gern Grünen-Propaganda abliefernden GEZ-Journalisten dar. So schildert er gleich auf der ersten Seite die dort abgelieferten Peinlichkeiten unserer Außenministerin – und das paßt zum Anliegen seines Buches: Deutschland ist „angezählt“, und das nicht nur durch Corona, die Ampel und den Ukrainekrieg. Er schildert die Folgen von Angela Merkels „freundlichem Gesicht“ – das letztlich den Brexit befördert hat: „Die Deutschen haben ihr Gehirn verloren“, zitiert Preiß stellvertretend den britischen Politologen Anthony Glees. Die Grundsatzkritik an Ursula von der Leyens 750-Milliarden-Fonds „NextGeneration EU“ formuliert Preiß selbst: „Ich bin generall skeptisch, die EU im großen Stil planwirtschaftlich zu transformieren. Ich bezweifle, daß es Beamte gibt, die heute genau wissen, was zu tun ist, damit in zehn Jahren alles besser läuft.“ Auf einer Hayek-Tagung würde es ähnlich tönen. Weniger gut ankommen würde dort, wenn Preiß mit Begeisterung schildert, wie Brüssel nach dem Kriegsbeginn am 24. Februar 2022 alle Brücken nach Moskau sprengte: „Ich kann es kaum glauben: die stärksten Maßnahmen, die je ergriffen wurden.“ Seinem Befund aus dem Nachwort, Deutschland ist „das Sorgenkind Europas, das Land, auf das man gebannt schaut“, dürften mehr Leser zustimmen. (fis)
Markus Preiß: Angezählt. Warum ein schwaches Deutschland Europa schadet. dtv Verlagsgesellschaft, München 2024, broschiert, 288 Seiten, 20 Euro
Nazi-Onkel. Der eine rannte Adolf Hitler hinterher, die andere dem Sektenführer Bhagwan. Irgendwie scheinen einige Görings zweifelhafte Vorbilder in ihrem Leben zu benötigen. Bettina Göring, geboren 1956 in Wiesbaden, meint nun auch, wie so viele Verwandte von NS-Größen, eine Autobiographie über ihr „verdammtes deutsches Erbe“ schreiben zu müssen. Drapiert ist der Umschlag mit dem Konterfei des Großonkels – in Uniform, versteht sich. Vor vier Jahren schrieb die Deutsche Welle im Zusammenhang mit dem Betrugsskandal über den Enkel des Auschwitzkommandanten Höß: „Es hätte sich wohl bis heute kaum jemand für den 55jährigen interessiert. Aber Rainer Höß ist der Enkel einer der monströsesten Gestalten der NS-Diktatur …“ Wer würde sich für die Familiengeschichte einer Heilpraktikerin interessieren, die früher in der linksradikalen Szene herumgeisterte, einen Guru mit Rolls-Royce-Sammeltick anhimmelte und deren Mutter Alkoholikern war? Aber zum Glück gibt es ja den ollen Großonkel. Im Fall Höß stellte die Deutsche Welle die Frage: „Geschäftsmodell Auschwitz?“ Im Fall Göring hieße sie: Geschäftsmodell „Lametta Heini“. (mec)
Bettina Göring: Der gute Onkel. Mein verdammtes deutsches Erbe. Droemer Verlag, München, 2024, gebunden, 416 Seiten, Abbildungen, 25 Euro