Der Finanzexperte Marc Friedrich ist ein Mann der Superlative. Er ist nach seiner Einschätzung nicht nur Deutschlands erfolgreichster Sachbuchautor, sondern auch ein Mensch, der große Entwicklungen lange vor anderen erkennt. Aufgrund dieser seltenen Gabe weiß er schon heute, wo sich Wirtschaft und Finanzmärkte in Zukunft hinbewegen werden. Dieses Wissen versetzt Friedrich in die Lage, detaillierte Ratschläge zu geben, wie normale Menschen ohne Kenntnisse von Finanzen ihr Geld anlegen sollen, um es nicht komplett zu verlieren.
Denn das ist der Hintergrund für dieses Marc-Friedrich-Buch: die unaufhaltsam auf uns zurollende Katastrophe, die unser Vermögen und unser Geld, im Endeffekt alles, was wir haben, hinwegfegen wird. Friedrich ist also ein Weltuntergangsprophet, der aber behauptet, aufgrund spezieller Einsichten in der Lage zu sein, die Katastrophe zu verhindern. Zumindest für die Leser seiner Bücher.
Was ist nun die große Krise, die uns allen bevorsteht, und was sind die Gründe dafür? Für Friedrich und seinen weniger bekannten Mitautor Florian Kössler ist der Hauptgrund für die von ihnen diagnostizierte große Alles-Krise die Tatsache, daß unser (Papier)Geld vom Staat kommt und von staatlichen Zentralbanken ausgegeben wird, aber durch keine echten Werte wie Edelmetalle gedeckt ist. Unser Geld stellt also ein rein abstraktes Zahlungsversprechen dar, das durch Staatsbankrott oder Überschuldung jederzeit wertlos werden kann.
Da allein der Staat Geld über die Notenbank Geld drucken kann, kann er mit dem Geld im Endeffekt machen, was er will. Er kann es entwerten, er kann Schulden machen und sie später weginflationieren, er kann ineffiziente Staatsprojekte, hochideologische NGOs und ganze Kriege damit finanzieren, und er kann das Geld jederzeit engmaschig kontrollieren, um es seinen Bürgern später durch Steuern oder Zwangsabgaben wieder wegzunehmen. Unser Geld ist aber laut Friedrich nicht nur für Geldentwertung und Vermögensverlust verantwortlich, sondern auch noch für ganz andere Probleme, die man nicht spontan mit Papiergeld assoziieren würde: Ungleichheit, Kriege, Umweltzerstörung durch von der Geldpolitik ausgelösten Wachstumszwang, Altersarmut durch niedrige staatliche Renten, Gesundheitsverfall durch staatlich geförderte Lebensmittelproduktion, das Überleben subventionierter Zombie-Firmen, die hohe Staatsquote an der Wirtschaft und schlußendlich den Verlust der Demokratie, da Politiker sich mit günstig geliehenem Geld die Gunst der Wähler einfach kaufen können.
Diese Krise der Papierwährungen ist nun für die Autoren in eine viel größere Krise eingebettet, die die ganze Welt erfassen und an den Abgrund bringen wird. Um diese bevorstehende Katastrophe analysieren zu können, greifen die Autoren auf ein zyklisches Modell der Geschichte zurück, das aus verschiedenen Weltreligionen (Judentum, Christentum) bekannt ist, aber auch von Philosophen und Historikern wie Oswald Spengler oder Arnold J. Toynbee vertreten wurde. Auch in Populärmythen wie „Der Herr der Ringe“ oder „Game of Thrones“ raunt es beständig vom kommenden „Geschichtswinter“, exakt der Begriff, den Friedrich auch mit unserer Zeit (2005 bis 2030) verbindet. Laut Friedrich und Kössler sind die Charakteristika dieses epochalen Winters eine globale Finanz- und Schuldenkrise, moralischer Verfall, der Aufstieg des Populismus und ein Vertrauensverlust in überkommene Strukturen.
Die Autoren wollen aber nicht nur von Krisen und Problemen reden, sie wollen auch Lösungen anbieten. Diese Problemlösung ist die Kryptowährung Bitcoin, welche die im Titel angekündigte „größte Revolution aller Zeiten“ darstellt. Das einzige Mittel gegen Weltuntergang, Währungsverfall und den daraus resultierenden wirtschaftlichen Totalverlust von Lieschen Müller soll also ein 2009 von einem obskuren Computerprogrammierer erfundenes digitales Geld sein, das genau wie Papiergeld ebenfalls nur ein Zahlungsversprechen darstellt und ebensowenig durch reale Werte gedeckt ist.
Friedrich und Kössler geben sich redlich Mühe, Skeptiker zum Bitcoin zu bekehren, aber die detailreichen Ausführungen, die die Hälfte des ganzen Buches ausmachen, werden Leser, die von Bitcoin keine Ahnung haben, schwerlich von seinen Vorteilen überzeugen. Ganz klar: Bitcoin ist kein Staatsgeld, das von einer Zentralbank ausgegeben wird, sondern eine durch ein dezentrales Netzwerk von Millionen Computerprogrammierern geschaffene Währung, aber das allein heißt gar nichts. Die Emission einer Privat-Währung durch eine anonyme digitale Matrix macht das so geschaffene Geld nicht sicherer, nicht besser, ja noch nicht einmal wirklich anonym, wie FBI-Ermittlungen wiederholt bewiesen haben. Kryptowährungen schützen Kleinanleger, und an diese richtet sich dieses Buch, weder vor Betrug noch Diebstahl, geschweige denn vor einem Totalverlust, weshalb die Autoren die negativen Seiten von Bitcoin entweder kurz und knapp wegdiskutieren oder gleich ganz ausblenden.
Nun wissen aber auch Friedrich und Kössler, daß man nie sein ganzes Vermögen auf eine Karte setzen sollte, weshalb sie ein diversifiziertes Portfolio empfehlen. Das sieht so aus: Nachdem sie sich einen Bitcoin erspart haben, sollten Kleinanleger 30 Prozent ihres Restvermögens in Edelmetalle, 10 Prozent in Diamanten und 20 Prozent in brasilianische Aktien, Indexfonds und Rohstoffe, darunter antizyklisch in Uran, Öl, Gas und Kohle, investieren. Ein Bitcoin kostet im Moment knappe 60.000 Euro. Wenn wir einem fiktiven Anleger, der Friedrichs Anlageempfehlungen folgt, zugestehen, daß er nochmal 60.000 Euro in Gold, Diamanten, Aktien und Rohstoffe steckt, dann ergibt das zusammen die eher bescheidene Summe von 120.000 Euro. Damit kann er sich nicht einmal eine Zweizimmerwohnung kaufen. Und dieser Betrag schützt ihn auch nicht vor Geldentwertung und Weltuntergang, weil Bitcoin am Schluß immer in Papiergeld umgetauscht werden muß und die von Friedrich empfohlenen antizyklischen Anlagen für Kleinanleger entweder nicht geeignet sind (Diamanten, Uran) oder spekulative Assetklassen (Rohstoffe, Öl, Gas, Aktien aus Schwellenländern) darstellen, die man besser Profis überläßt.
Marc Friedrichs Kleinsparer und Hobbyanleger wären mit einer Handvoll weitstreuender Indexfonds und einem Bausparvertrag, mit dem sie das Kapital für eine eigene Wohnung ansparen, deutlich besser bedient. Und wenn die ganz große Katastrophe kommt, dann ist sowieso alles weg. Mit und ohne Bitcoin.
Marc Friedrich, Florian Kössler: Die größte Revolution aller Zeiten: Warum unser Geld stirbt und wie Sie davon profitieren. Finanzbuch Verlag, München 2024, gebunden, 592 Seiten, 30 Euro