© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 13/24 / 22. März 2024

Frisch gepreßt

Flüchtlingslager. Es war das Symbol der Migrationskrise von 2015. Das Camp Moria auf der griechischen Insel Lesbos war das größte Aufnahmelager Europas, ehe es nach mehreren Brandstiftungen der Insassen 2020 geschlossen wurde. Das Buch „Inside Moria“ von der Kinderpsychologin Katrin Glatz Brubakk und ihrer Co-Autorin, der norwegischen Journalistin Guro Kulset Merakeras, zeichnet auf 367 Seiten die Dramatik und die katastrophalen Lebensverhältnisse innerhalb des Lagers nach. Ob dieses zu „den dunkelsten Kapiteln der europäischen Zeitgeschichte“ gehört, dürfte etwas dick aufgetragen sein, veranschaulicht aber den sehr moralisch aufgeladenen Kontext ihrer Schilderung. Auch sind sich die Autoren der Oberflächlichkeit des Begriffs „Flüchtlingskrise“ bewußt, bevorzugen aber dennoch dessen Verwendung, weil sie die Alternativbezeichnung „Migrationskrise“ als „verwässernd“ empfinden. Zudem ist das Buch keineswegs frei von passendem Framing. In dem mit Fotos aufgelockerten Werk sind zwar sehr treffend die beengten und vermüllten Zustände des Camps dokumentiert. Bei den Aufnahmen der Insassen von Moria sind hingegen fast ausschließlich Kinder abgebildet. Das dürfte zwar dem aktivistischen Hintergrund der Autorinnen geschuldet sein, die sich als Helferinnen vor Ort primär um die Kleinsten kümmerten, untergräbt jedoch die Tatsache, daß es überwiegend junge Männer sind, die in Moria untergebracht waren. (ro)

Katrin Glatz Brubakk, Guro Kulset Merakeras: Inside Moria. Europas Verrat an Moral und Menschlichkeit. Westend Verlag, Frankfurt am Main 2024, 367 Seiten, broschiert, 26 Euro





Nahostkrise. Mit dem Hamas-Überfall auf Israel im Herbst 2023 ist die Palästina-frage erneut in den medialen Vordergrund gerückt. Die Wurzeln des arabisch-jüdischen Konflikts in der Region reichen mindestens bis in den Ersten Weltkrieg zurück. Damals wollten Großbritannien und Frankreich das zunehmende Chaos im Osmanischen Reich für sich nutzen und machten beiden Volksgruppen Versprechungen. Spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg, als Streitigkeiten zwischen der damaligen arabischen Mehrheit in der Region und den jüdischen Siedlern eskaliert waren, erwies sich ein friedliches Zusammenleben als unmöglich. Der deutsche Journalist Martin Schäuble versuchte bereits 2007, die Geschichte der Region auf anschauliche Weise zu erzählen. Dabei stützte er sich auf die Stimmen der Betroffenen auf beiden Seiten des Konflikts, um dem Leser einen möglichst umfassenden Blick zu ermöglichen. Nun erscheint eine um die Entwicklung der letzten Jahre ergänzte Fassung. Der 7. Oktober selbst spielt jedoch eine geringe Rolle – stattdessen kündigt Schäuble an, zu einem anderen Zeitpunkt weitere Gespräche zu führen. (kuk)

Martin Schäuble: Die Geschichte der Israelis und Palästinenser. Der Nahostkonflikt aus Sicht derer, die ihn erleben. Hanser Verlag, München 2024, gebunden, 240 Seiten, 22 Euro