© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 13/24 / 22. März 2024

Über die Hälfte der gesetzlichen Renten liegt unter 1.100 Euro
Ein Achtel des Diätenplus
Jörg Fischer

Endlich wieder eine gute Nachricht für die 18,6 Millionen Altersrentner in Deutschland: Ab Juli zahlt die Gesetzliche Rentenversicherung (GRV) 4,57 Prozent mehr. Das sind zwar etwas weniger als die dafür relevante Lohnsteigerung von 4,72 Prozent – aber das ist halt der „Nachhaltigkeitsfaktor“, da künftig weniger GRV-Einzahler mehr Rentner versorgen müssen. Das Rentenplus ist vor allem spürbar weniger als das, was sich beispielsweise unsere Bundestagsabgeordneten zeitgleich obendrauf legen: Ihre Aufwandsentschädigung steigt um 6,0 Prozent auf 11.227 Euro – zusätzlich zur steuerfreien Aufwandspauschale von 5.051 Euro monatlich, die schon im Januar „an die Lebenshaltungskosten angepaßt“ wurde.

Das Diätenplus von 635 Euro errechnet sich pfiffigerweise nach dem Nominallohnindex des Statistischen Bundesamtes, der auch temporäre Sonderzahlungen enthält. Und die Behauptung von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), daß die Rentenerhöhung „deutlich über der Inflationsrate“ liege, ist mehr als mißverständlich: Die Verbraucherpreise stiegen 2023 – dem Jahr, nach dem sich Renten- und Diätensteigerung berechnen – im Schnitt um 5,9 Prozent. Daher spüren unsere Volksvertreter die Euro-Entwertung kaum, die Rentner dagegen schon. Der Verbraucherpreisindex (VPI) ist zudem nur ein Durchschnittswert: Die Energiepreise lagen hingegen zu Jahresanfang um 47,6 Prozent und die Nahrungsmittelpreise um 33,3 Prozent höher als 2020. Der VPI stieg seither um 17,6 Prozent – die summierten GRV-Erhöhungen seit 2020 lagen dennoch darunter.

„Für eine Standardrente bei durchschnittlichem Verdienst und 45 Beitragsjahren bedeutet die Rentenanpassung einen Anstieg um 77,40 Euro im Monat“, sagt Heil. Das stimmt formal, und es ist immerhin ein Achtel von Heils Diätenplus. Aber die Mehrheit der GRV-Rentner erhält ab Juli nicht jene 1.769 Euro, die dem Beispiel zugrunde liegen. Denn von jeder Rente werden mindestens 8,85 Prozent Sozialabgaben sowie bei vielen ein wachsender Anteil an Einkommensteuer abgezogen. Und: 10,1 Millionen GRV-Altersrentner erhalten derzeit eine Rente von weniger als 1.100 Euro pro Monat. Das sind 54,3 Prozent aller Renten und offizielle Zahlen aus Heils Ministerium. Nur 3,5 Millionen GRV-Rentner (18,9 Prozent) erhalten überhaupt mehr als 1.600 Euro im Monat.