© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 12/24 / 15. März 2024

Einige merkwürdige Materialien
Ein Buch von zwei Autoren, die an die Existenz von UFOs glauben – sie sind nicht mehr allein
Thomas Schäfer

Noch vor wenigen Jahren hätte es das Ende der Karriere eines jeden Politikers, Militärs oder Wissenschaftlers bedeutet, öffentlich über die Existenz von Unbekannten Flugobjekten (UFOs) zu spekulieren. Das resultierte unter anderem aus den bizarren Publikationen, in denen von „Reichsflugscheiben“ aus dem Arsenal der Nationalsozialisten die Rede war, welche seit 1945 von Neuschwabenland in der Antarktis aus operierten. Dann freilich nahm die Zahl der ernstzunehmenden Berichte von Angehörigen der US-Streitkräfte über die Sichtung mysteriöser Flugobjekte schlagartig zu.

Diese erhielten daraufhin die Bezeichnung „Un­identified Aerial Phenomenon“ (UAP) und wurden als potentielle Bedrohung der nationalen Sicherheit der USA eingestuft. Hieraus resultierte die Aufstellung einer UAP Task Force (UAPTF) unter der Kontrolle des US-Verteidigungsministeriums im August 2020. Daraus ging im November 2021 die Airborne Object Identification and Management Synchronization Group (AOIMSG) hervor, welche dann im Juli 2022 in das All-domain Anomaly Resolution Office (AARO) umgewandelt wurde. Der US-Geheimdienstes ODNI (Office of the Director of National Intelligence) veröffentlichte im Sommer 2021 einen Bericht über „Preliminary Assessment: Unidentified Aerial Phenomena“ (JF 28/21).

Ein diskutiertes Thema für den US-Kongreß und Geheimdienste

Der erste Chef des AARO, Sean Kirkpatrick, mußte im April 2023 dem Kongreß in Washington Rede und Antwort über die Tätigkeit seiner Behörde stehen, nachdem etliche Videoaufnahmen von UAPs die Runde gemacht hatten. Kurz darauf beeidete der ehemalige Geheimdienstmitarbeiter David Grusch vor dem US-Parlament, daß es seit 1944 klandestine militärische Programme gebe, in deren Rahmen Raumfahrzeuge „nichtmenschlichen Ursprungs“ aus „merkwürdigen Materialverbindungen“ geborgen und untersucht worden seien. Bei seiner Aussage berief sich Grusch auf den von Joe Biden unterzeichneten National Defense Authorization Act vom 19. Dezember 2022, der jede Person im Staatsdienst ermächtigt, Informationen über eine eventuelle UAP-„Materialbergung und -Materialanalyse“ ungeachtet etwaiger Verschwiegenheitsverpflichtungen an den Kongreß weiterzugeben. Die Nasa veröffentlichte im Mai 2023 ihren „UAP Independent Study Team Report“ über die „größten Mysterien unseres Planeten“ und „Beobachtungen von Objekten an unserem Himmel, die nicht als Ballons, Flugzeuge oder bekannte natürliche Phänomene identifiziert werden können“.

Vor diesem Hintergrund verlor die Beschäftigung mit UFOs oder UAPs den grundsätzlichen Makel des Spekulativen oder gar Suspekten. Das wiederum erleichtert jetzt Publikationen wie „UFOs – Glaubensfrage oder Realität?“, obgleich es sich bei den Verfassern des selbigen Buches augenscheinlich um keine ausgewiesenen Experten für die Materie handelt: Jürgen Schmitz ist Kunstmaler und auf die realistische Darstellung zeitgenössischer Landschaften spezialisiert, wohingegen der Deutsch-Brite Allan Crombroke angeblich „im militärischen und nachrichtendienstlichen Bereich“ gearbeitet hat, ohne dabei aber mit der UAP-Problematik konfrontiert gewesen zu sein. Interesse daran entwickelte er erst 2017 „nach einem langen Gespräch“ mit einem früheren Mitarbeiter des US-Auslandsgeheimdienstes CIA.

Der Untertitel suggeriert, daß das Buch dem Zweck dient, zu klären, ob die UFOs tatsächlich real sein könnten. Allerdings ergibt sich die Antwort darauf bereits aus dem Inhaltsverzeichnis des fast 500 Seiten starken Werkes: Crombroke und Schmitz sind zweifelsfrei von der Existenz der Un­identifizierten Flugobjekte überzeugt, weswegen sie schon in den Kapitelüberschriften dafür plädieren, „das Thema zu entstigmatisieren“. Gleichzeitig distanzieren sich die beiden aber auch von „Spinnern“, welche seriösen Menschen die Lust an der Beschäftigung mit dem Thema rauben.

In den Eingangskapiteln schildern die Autoren, wie es ab 2017 zu dem deutlichen Wandel im Umgang mit UFO-Meldungen seitens der US-Streitkräfte kam und der mittlerweile stark in Verruf geratene Begriff „UFO“ durch den unbelasteten Terminus „UAP“ ersetzt wurde. Danach kommen sie auf die Sichtungen seit dem Zweiten Weltkrieg zu sprechen. Ebenso dreht sich ein ganzes Kapitel um den vermeintlichen UFO-Absturz von Roswell im Jahre 1947. Für Crombroke und Schmitz sind viele der damals verbreiteten Dementis des US-Militärs „bei näherer Analyse dermaßen unglaubwürdig, daß es eigentlich für jeden ohne Mühe ersichtlich sein sollte“. Darüber hinaus führen sie neue Beweise wie jetzt erst gefundene Trümmerteile aus ungewöhnlichen Materialien an.

Anschließend kommt „die skurrile Welt der UFO-Anhänger“ aus der Gruppe der „Phantasten und Trittbrettfahrer“ zur Sprache, bevor danach im Kontrast hierzu über „mögliche Gründe der Verdunklung“ von tatsächlichen UFO-Ereignissen und die verschiedenen Methoden der Geheimhaltung seitens des Staates spekuliert wird. Hierbei kristallisieren sich im ersteren Falle drei Motive heraus, nämlich die Angst der Regierungen vor einer Massenpanik, die Scheu der Militärs, ihre Machtlosigkeit gegenüber den UAPs einzugestehen, und das Interesse der Streitkräfte und Konzerne an einer Verschleierung der Nutzung außerirdischer Technologien.

Fester Glauben an früheren Besuch von außerirdischen Intelligenzen?

Im Kapitel zehn dreht sich dann alles um die sagenumwobene „Area 51“, wo angeblich abgestürzte außerirdische Raumschiffe und die Leichen verunglückter Aliens lagern. Dabei verweisen Crombroke und Schmitz zunächst auf den bereits hinlänglich bekannten Umstand, daß es sich hier um ein geheimes Testgelände für Experimentalflugzeuge handelt, bevor sie die weniger bekannte Sektion 4 erwähnen, in der möglicherweise auch scheibenförmige Fluggeräte erprobt werden.

Im Folgenden versuchen die Autoren häufige Fragen rund um UFOs und Außerirdische zu beantworten, wie beispielsweise die nach dem Schweigen der Aliens, für das es keine logische Erklärung gebe. Dem schieben Crombroke und Schmitz Ausführungen über historische UFO-Sichtungen nach, wobei sie auch die Theorien Erich von Dänikens thematisieren, denen zufolge die Erde in der Vergangenheit bereits mehrfach Besuch von außerirdischen Intelligenzen erhalten habe. Und zum Schluß wird dann wiederum gemutmaßt. So unter anderem darüber, woher die Aliens stammen könnten, wenn sie denn hinter dem UFO-Phänomen stecken, und aus welchen Gründen sie uns besuchen. Außerdem zitieren Crombroke und Schmitz einen Satz des US-Flugzeugkonstrukteurs Benjamin Rich, dessen Kreationen auf der „Area 51“ getestet wurden: „Es gibt zweierlei UFOs – unsere und ihre!“ Aber auch das wäre erst noch zu beweisen.

„UAP Independent Study Team Report“ der Nasascience.nasa.gov/uap#hds-sidebar-nav-2

Allan Crombroke, Jürgen Schmitz: UFOs – Glaubensfrage oder Realität? Geistkirch Verlag, Saarbrücken 2023, 478 Seiten, broschiert,  39,80 Euro