Abdel-Samad kritisiert Ramadan-Beleuchtung
FRANKFURT/MAIN. Der deutsch-ägyptische Politikwissenschaftler und Publizist Hamed Abdel-Samad (52) hat scharf kritisiert, daß die Innenstadt von Frankfurt am Main erstmals zum islamischen Fastenmonat Ramadan (10. März bis 9. April) beleuchtet wird. Zu sehen ist eine Dekoration mit Halbmonden, Sternen, Laternen und Schriftzügen „Happy Ramadan“. Die Anschaffungskosten für die Beleuchtung betragen laut Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg (Bündnis 90/Die Grünen) 75.000 Euro. Die Aktion sei ein Zeichen der Hoffnung und stärke den Zusammenhalt in der „diversen Stadtgesellschaft“. Es seien „Lichter des Miteinanders, gegen Vorbehalte, gegen Diskriminierungen, gegen antimuslimischen Rassismus und auch gegen Antisemitismus.“ Abdel-Samad äußerte sich in einem Beitrag für die Neue Zürcher Zeitung. Er bezeichnet die Aktion angesichts der angespannten gesellschaftlichen Stimmung hinsichtlich Islam und Migration als „naive und kontraproduktive Symbolpolitik“. Der Bestsellerautor glaubt nicht, daß solche Initiativen zur Integration von Muslimen beitragen. Er verweist darauf, daß inzwischen bundesweit 250 Moscheen über Lautsprecher zum islamischen Gebet rufen. Er fragt: „Hat das zu mehr Akzeptanz der Muslime und weniger Islamismus geführt? Natürlich nicht.“ Weder der laute Gebetsruf noch die Ramadan-Beleuchtung förderten die Integration und die Toleranz in Deutschland, sondern stattdessen „den Triumphalismus und den Chauvinismus der Islamisten, die wiederum die Wut und den Chauvinismus der Rechtsradikalen provozieren“. Der durchschnittliche Muslim mag sich laut Abdel-Samad freuen, wenn er den Ruf des Muezzin hört oder die Ramadan-Beleuchtung auf der Straße sieht. „Der durchschnittliche Deutsche hingegen mag sich fragen, warum der Weihnachtsmarkt in manchen Städten nicht mehr Weihnachtsmarkt, sondern Wintermarkt heißen soll, damit sich Muslime nicht ausgeschlossen fühlen. Und gleichzeitig werden aber Symbole in den Innenstädten aufgehängt, um muslimische Präsenz zu demonstrieren.“ Das könne zur Frage führen: „Ist das nicht Selbstverleugnung unter dem Deckmantel der Toleranz?“ Nichtmuslimische Migranten wiederum könnten sich fragen, warum der Islam hier bevorzugt werde: „Schließlich gibt es weder zum chinesischen Neujahr noch zum kurdischen Newroz-Fest eine Beleuchtung.“ (idea /JF)
Weiter Beratungsbedarf für Opfer des SED-Regimes
BERLIN. Auch 35 Jahre nach dem Mauerfall besteht weiter ein hoher Beratungsbedarf für Opfer des einstigen SED-Regimes. Das berichtete der Berliner Beauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur (BAB), Frank Ebert, am 7. März im Berliner Abgeordnetenhaus. Er stellte seine Tätigkeitsberichte der Jahre 2020 bis 2022 vor. Allein 2022 hätten der BAB und die von ihm geförderten Einrichtungen mehr als 8.000 Beratungen von Betroffenen durchgeführt. Ebert rief die Abgeordneten auf, auch in Zukunft genügend Mittel bereitzustellen, damit das Beratungsangebot für ehemals politisch Verfolgte in Berlin aufrechterhalten werden kann. Der BAB fördert die Beratungseinrichtungen Bürgerbüro, die Psychosoziale Initiative Moabit, die Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG) und die Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS). Ehemals Verfolgte können sich in diesen Einrichtungen beispielsweise zu allen Fragen rund um die Rehabilitierungsmöglichkeiten nach den SED-Unrechtsbereinigungsgesetzen, die Opferrente oder die Anerkennung verfolgungsbedingter Gesundheitsschäden beraten lassen. Neben der Unterstützung politisch Verfolgter bleibt für Ebert die Vermittlung von Wissen über die SED-Diktatur eine wesentliche Aufgabe der Gegenwart: „Es ist wichtig zu verstehen, wie das totalitäre System in den Alltag hineinherrschte, daß Alltag und Diktatur eben nicht getrennt funktionierten.“ (idea)