© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 12/24 / 15. März 2024

Weltweite Marktbereinigung bei den Herstellern von Elektroautos
Aachener Aschermittwoch
Thomas Kirchner

Bei Elektroautoherstellern gehen die Lichter aus. Bei Tesla unverschuldet und im wahrsten Sinne des Wortes, denn das Werk in Brandenburg steht wegen des Terroranschlags still. Bei anderen Herstellern braut sich eine Pleitewelle zusammen. Denn wie so oft versuchen viele von technischen Neuerungen zu profitieren, besonders wenn es Erfolge wie Tesla gibt. Doch der Markt ist nicht groß genug für alle Nachahmer. Die Marktbereinigung ist in vollem Gange.

Apple gibt gleich ganz auf und stellte die E-Autoentwicklung ein. Die Ingenieure sollen künftig an Künstlicher Intelligenz (KI) arbeiten. Seit 2014 waren bis zu 2.000 Mitarbeiter damit beschäftigt. Die Kosten dürften sich also auf mehrere Milliarden Dollar summieren. Fisker versucht sich durch Fusion mit einem anderen Hersteller zu retten. Allerdings herrscht verdächtige Stille um Details. Scheitert der Däne Henrik Fisker, Designer des legendären BMW Z8 und des X5, nun auch mit seinem zweiten E-Auto-Projekt? Das erste endete im Bankrott, weil die in China produzierten Akkus der Hybridautos spontan in Flammen aufgingen.

Schon in der zweiten Insolvenz ist der Aachener Hersteller Next.e.GO Mobile SE, der nach Rettung aus der ersten Insolvenz erst im September durch Fusion mit einem Börsenmantel (SPAC) an die US-Börse Nasdaq ging. Die Aufsichtsräte werden gute Anwälte brauchen, wenn sie behaupten wollen, eine Pleite innerhalb von sechs Monaten wäre nicht vorhersehbar gewesen.

Nicht ganz dicht macht der kalifornische Tesla-Nachahmer Rivian. Vielmehr will man im nächsten Jahr genauso viele Autos wie 2023 bauen. Das ist eine radikale Kehrtwende von der üblichen Elektro-Strategie, möglichst schnell möglichst viele Autos zu verkaufen, um die Festkosten pro Wagen zu senken und positive Margen zu erwirtschaften. Hintergrund dürfte das schwierige Finanzierungsumfeld sein – ein geplantes Werk in Georgia würde fünf Milliarden kosten. Statt Autos verkauft Rivian jetzt Hoffnung: zwei neue, günstigere Modelle sollen den Massenmarkt erschließen und den Eintritt in den europäischen Markt ermöglichen. Doch solange Rivian nicht einmal das Geld hat, das geplante Werk in Georgia zu vollenden, bleibt all das Phantasie.

Nicht nur Neueinsteiger ins Autogeschäft sind betroffen. Renault strich den Börsengang seiner Elektrosparte Ampere. Ford stellte die Produktion des elektrischen Pickup-Trucks F-150 Lightning ein, dessen Benzinvariante selbstverständlich das meistverkaufte Fahrzeug in den USA bleibt.

Die Marktbereinigung findet von zwei Seiten aus statt: die Nachfrage steigt, aber nicht schnell genug, um die Flut von Modellen und Herstellern zu absorbieren. Das Angebot steigt auch wegen der weltweiten Subventionspolitik. Weitgehend unbemerkt vom Westen, wo man von Joe Bidens Subventionen und dem EU-Verbrennerverbot abgelenkt war, hatte China eine hochsubventionierte Elektroautobranche aufgebaut. Die Pekinger Planwirtschaftler hofften, die Abhängigkeit der Wirtschaft vom Immobilienmarkt durch E-Autos zu reduzieren. Das ging gleich doppelt schief: Die Immobilienbranche brach trotzdem ein, diverse chinesische E-Auto-Fabrikanten geben auf. Zweitweise soll es in China 300 Hersteller gegeben haben, derzeit sind noch etwa 120 übrig, Tendenz täglich fallend. Enthusiasten übersahen, daß ein Auto nicht nur aus einem Antrieb besteht, sondern Sicherheit, Produktionstechnik sowie Händler- und Servicenetz weit wichtiger sind. Jetzt kommt die Quittung.