© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 12/24 / 15. März 2024

Grüße aus … Santiago de Cuba
Milch ohne Nährstoffe
Alessandra Garcia

Kubanischen Kindern unter sieben Jahren steht Monat für Monat ein Kilogramm Milch zu. So wollten es die Revolutionäre um Fidel Castro, die auf der Karibikinsel vor 65 Jahre die Macht erkämpften und das einst wohlhabende Land seitdem für ihre sozialistischen Experimente nutzen. Eines der aktuellen Ergebnisse: Nicht einmal die Ausgabe von Milch auf Bezugsschein funktioniert mehr.

Schuld sind neben der US-Wirtschaftsblockade, die grundsätzlich an allem schuld ist, was auf Kuba nicht funktioniert, die Landwirte beziehungsweise deren Kühe, die die vertraglich vereinbarten Mengen an Frischmilch nicht liefern. Das wiederum dürfte daran liegen, daß zahlreiche Tiere während der Corona-Pandemie mangels Kraftfutter notgeschlachtet werden mußten.

Daß es nur selten Frischmilch für ihre Kinder gibt, daran haben sich die kubanischen Mütter längst gewöhnt. Als Ersatz erhielten sie Milchpulver. Das war schon vor Jahrzehnten so, als man beispielsweise mit den Genossen aus der DDR fleißig Milchpulver gegen Zucker und Orangen tauschte. Aktuell ist es Brasilien, das Havanna für zwei Monate aus der Bredouille hilft.

Erstmals in den Jahrzehnten ihrer Herrschaft wurde das Welternährungsprogramm der UN um Hilfe gebeten. 

Natürlich ist diese Lieferung aus dem befreundeten Land nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Kuba benötigt monatlich etwa 2.000 Tonnen Milchpulver. Schon deswegen verfolgt Alberto López Diaz, Minister für Lebensmittelindustrie. ganz genau jede Schiffsbewegung in Richtung Kuba: Geschlossene Importverträge geben die Garantie, daß weitere Tonnen „Schritt für Schritt“ – gemeint war wohl eher Schiff für Schiff – ankommen. Das sensible Thema Milch hat oberste Priorität. Um die Milchversorgung auf Lebensmittelkarten zu stabilisieren, hat Präsident Miguel Díaz-Canel knappe Devisen freigegeben, damit Milchpulver auf dem internationalen Markt eingekauft werden kann. „Zu hohen Preisen“, wie sein Minister beklagt.

Auch in anderer Hinsicht scheint die Ausweglosigkeit so groß zu sein, daß die regierenden Kommunisten über ihren Schatten springen mußten. Erstmals in den Jahrzehnten ihrer Herrschaft wurde das Welternährungsprogramm der UN (WFP) um Hilfe gebeten. Das obwohl die UN bereits bisher mit ihren Lieferungen sechs Prozent des Milchpulverbedarfs in der Grundversorgung abdeckt – allerdings aufgrund von Verträgen und nicht von als „dringend“ eingestuften Hilfsersuchen.

Aber Minister López Diaz weiß auch Positives: Es gebe Provinzen mit der Kapazität, Frischmilch zu produzieren, denen es ohne Probleme gelungen sei, diese an Minderjährige im Alter von sechs Monaten bis sechs Jahren zu verteilen. Gleichzeitig räumte er ein, daß die ausgegebene Milch nicht die „Proteinmenge enthält, die Milch haben sollte“. Aber wenigstens habe man Hungernden eine Nahrungsmittelalternative angeboten.