© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 12/24 / 15. März 2024

Wieder da, weil nie weg gewesen
Erst Festnahme, dann Brandanschlag: Die Gefahr des Linksextremismus meldet sich auf der politischen Bühne zurück
Peter Möller

Der Linksextremismus ist mit einem Paukenschlag zurück auf der innenpolitischen Tagesordnung der Bundesrepublik. In der Nacht zum Dienstag vergangener Woche hatten bislang unbekannte Täter auf einem Feld bei Grünheide in Brandenburg Feuer an einem Strommast gelegt, mit dem auch die 2022 eröffnete Tesla-Fabrik für Elektroautos im Berliner Umland versorgt wird. Durch den Brandanschlag wurde der Mast massiv beschädigt. 

Mit weitreichenden Folgen: Neben dem TeslaWerk mit 12.000 Beschäftigten, das seine Produktion komplett einstellen mußte, fiel auch bei einem großen Logistiklager der Handelskette Edeka sowie zahlreichen Privathaushalten der Strom aus. Der Schaden, der allein durch den Produktionsausfall bei Tesla entstanden ist, kann bislang noch nicht beziffert werden und dürfte in die Hunderte Millionen gehen.

„Die Szene setzt eigene Radikalisierung weiter fort“

Zu dem Anschlag bekannte sich die linksextremistische „Vulkangruppe“, die bereits 2021 verdächtigt worden war, einen Brandanschlag auf die Stromversorgung der Baustelle des amerikanischen E-Auto-Produzenten verübt zu haben. In dem im Internet veröffentlichten Selbstbezichtigungsschreiben wirft die Gruppe der Firma unter anderem „extreme Ausbeutungsbedingungen“ vor und fordert die „komplette Zerstörung der Gigafactory“. 

Der Zeitpunkt des Anschlags ist kein Zufall: Derzeit demonstrieren in einem Waldstück in Grünheide linke Aktivisten mit einem Protestlager gegen eine Erweiterung des Tesla-Werks. Am Freitag vergangener Woche übernahm die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen zu dem Anschlag. Es bestehe der Anfangsverdacht unter anderem der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, der verfassungsfeindlichen Sabotage sowie der gemeinschaftlichen Brandstiftung, teilte eine Sprecherin des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe mit.

Die Reaktionen auf den Brandanschlag waren harsch: „Das sind entweder die dümmsten Ökoterroristen der Welt oder sie sind Marionetten derer, die keine guten Umweltziele haben“, schrieb Tesla-Eigner Elon Musk auf X. Die Produktion von Elektrofahrzeugen anstelle von Fahrzeugen mit fossilen Brennstoffen zu stoppen, sei extrem dumm.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) warnte unterdessen ungewohnt deutlich vor der Gefahr des Linksextremismus: „Wenn sich ein linksextremistisches Motiv bestätigt, dann ist das ein weiterer Beleg dafür, daß Linksextremisten selbst vor schweren Eingriffen in unsere Energieinfrastruktur nicht zurückschrecken“, teilte Faeser mit. Die in den vergangenen Jahren gestiegene Radikalisierung in Teilen der gewaltbereiten Szene habe sich auf einem hohen Niveau verstetigt. Das zeigen auch die Zahlen des Bundesamts für Verfassungsschutz. Im Verfassungsschutzbericht für 2022 vermeldete die Behörde einen Anstieg des links­extremistischen Personenpotentials um 1.800 auf nunmehr 36.500 Personen. Darunter seien 10.800 gewaltorientiert, 500 mehr als im Jahr zuvor.

Doch nicht allein die Zahlen beunruhigen die Behörden, sondern auch die wachsende Gewaltbereitschaft. „Die linksextremistische Szene setzt die eigene Radikalisierung, selbst lokal, weiter fort“, sagte der Präsident des thüringischen Landesamtes für Verfassungsschutz, Stephan Kramer dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Die Hemmschwellen zum Einsatz von Gewalt in der politischen Auseinandersetzung fallen immer mehr.“ Dabei diene die Rote Armee Fraktion (RAF), die 1998 ihr Scheitern und sich für aufgelöst erklärt hatte, vielen als Vorbild.

Welchen Stellenwert die linksextremistische Terrororganisation, die 34 Menschen ermordet hat, noch heute im linksextremen Milieu hat, zeigte die Festnahme der mehr als 30 Jahre untergetauchten RAF-Terroristin Daniela Klette, die unter anderem wegen versuchten Mordes gesucht wurde. Am vergangenen Wochenende beteiligten sich rund 600 Menschen in Berlin-Kreuzberg an einer Solidaritätsdemonstration für Klette und die weiter auf der Flucht befindlichen mutmaßlichen Komplizen Burkhard Garweg und Ernst-Volker Staub. Gefordert wurde unter anderem die Freilassung von Klette.

Experten gehen davon aus, daß sich die untergetauchten RAF-Terroristen während ihrer Zeit im Untergrund auf ein Netz von Unterstützern aus der linken Szene stützen konnten. Faeser kündigte an, genau zu prüfen, welche Unterstützer den RAF-Terroristen das Untertauchen so lange ermöglicht hätten und heute noch ermöglichten. „Die linksextremistische Szene bleibt stark im Fokus der Sicherheitsbehörden“, bekräftigte die Bundesinnenministerin.

Die AfD-Fraktion hat unterdessen das Thema Linksextremismus in dieser Woche auf die Tagesordnung des Bundestages gesetzt und einen Antrag mit dem Titel „Linksextremistische Gewalt konsequent bekämpfen“ in das Plenum eingebracht. Darin fordert die Fraktion unter Federführung ihres stellvertretenden innenpolitischen Sprechers Martin Hess unter anderem mehr Personal für die Bekämpfung des Extremismus von links sowie die Einrichtung einer Taskforce im Bundesamt für Verfassungsschutz und im Bundeskriminalamt. So sollten insbesondere bundesländerübergreifende linksextreme Netzwerkstrukturen zielgerichtet aufgedeckt und mögliche Unterwanderungen von Behörden in Bund und Ländern wie von zivilgesellschaftlichen Organisationen durch Linksextremisten überprüft werden.

Hess mahnte in diesem Zusammenhang auch an, gegen linksextreme Szene-Internetseiten wie „Indymedia“ vorzugehen und Unterstützer-Vereine wie die „Rote Hilfe“ zu verbieten. „Die ständige Behauptung, der Rechtsextremismus sei die größte Sicherheitsgefahr, ist durch die aktuelle Datenlage nicht haltbar“, ist der AfD-Abgeordnete überzeugt.