Neues Jahr, neues Glück – neue Verständigungsschwierigkeiten. Denn nicht nur wegen der orientalischen Musik aus den Handylautsprechern des Gegenübers versteht man sein eigenes Wort nicht mehr. Auch so manch eingeschlichener Slang hat sich vielleicht bereits im eigenen Begriffebaukasten des ein oder anderen Almans eingeschlichen, ohne daß die genaue Bedeutung überhaupt bekannt ist.
Aber auch diesmal gilt beim launigen JF-Migrantenwörterbuch: ein paar ausländische Wörter sind nicht das Hauptproblem der momentanen Misere. Am preußischen Hof wurde mal mehr französisch als märkischer Dialekt gesprochen. Eingewanderte Hugenotten haben den „welschen Tand“ in der breiten Bevölkerung etabliert: Balkon, Trottoir und Portemonnaie zeugen bis heute davon. Trotzdem würde wohl niemand diese Epoche als schlecht für Preußen charakterisieren. Und auch darbe Zeiten wie die napoleonische Besatzung, die uns die glorreiche Bezeichnung „Boulette“ eingebrockt hat, konnten letztlich zu deutschen Gunsten gestaltet werden.
Lan
Der Klassiker, der nichts mit W-Lan, Internet oder Computerspielepartys zu tun hat. Abgeleitet vom türkischen Wort „oğlan“ für „Knabe“, „Bub“ oder „junger Mann“, bedeutet „Lan“ etwa „Hey du/Junge/Typ!“. Gern an Satzanfang oder -ende gestellt, ist es eigentlich eher kollegial gemeint, kann im Straßenkontext aber durchaus eine herausfordernde, aggressive Betonung haben: „Alter“, „Mann“ oder auch „verdammt“, „Sei still!“ („Sus lan“) und „Fick dich!“ („Siktir lan“).
Lak shu
Nein, nicht der von Harald Juhnke besungene „Lackschuh“: „Lak shu“ ist sehr frei zu übersetzen. „Lak“ heißt im Arabischen „für dich“, aber auch „Alter“ oder „Digger“. „Shu“ oder „sho“ heißt soviel wie „was“, „Was!?“ oder stellt eine kurze saloppe Begrüßung wie „Na“, „Hi“ oder „Hallo“ da. Zusammen kann daraus freundlich bis konfrontativ „Alter, was?“, „Hey, du!“, „Zisch ab!“, „Sei leise!“, „Halt die Klappe!“ oder „Halt dich raus!“ werden.
Schnapp machen
Fast alle Deutschrapper machen, besingen und feiern ihn: den „Schnapp“. Damit ist soviel gemeint wie Gewinn/Geschäfte machen, einen großen Anteil für sich herausholen oder eine gute Gelegenheit nutzen. Verwendung findet der Ausdruck gern im kokettierenden Zusammenhang mit Drogen dealen oder anderen illegalen Machenschaften. So kann auch ein korrupter Politiker – beispielsweise mit Coronamaskenabsprachen – ordentlich „Schnapp machen“.
Akhi
Hier hat keiner geniest und auch Achim ist nicht gemeint. „Akhi“ heißt auf arabisch „mein Bruder“ und hat längst das uralte „Kumpel“ bzw. „Freund“, aber auch das denglische „Bro“ abgelöst. Wenn Sie „Akh“ (simpel: „Bruder“) hören, wird also nicht „Ach“-geseufzt oder -gestaunt, sondern sich verbrüdert. Und in sozialen Medien stellt „8i“ kein neues BMW-Modell da, sondern lediglich eine codierte „neoarabische“ Schreibweise.
Yani
Die türkische Allzweckwaffe, die sich überall im Gesprochenen verteilen läßt: Ausruf, Überleitung, Untermauerung, Versatzstück, Füllwort, Satzeinleitung: „nämlich“, „wirklich“, „eben“, „das heißt“, „in der Tat“, „jedenfalls“, „und zwar“ – „Alsooo“, vielleicht lieber nicht angewöhnen.
Amcas
Im Türkischen beschreibt „Amca“ ursprünglich den Onkel väterlicherseits, also den Bruder des Vaters, und ist darüber hinaus eine respektvolle Bezeichnung für ältere Männer. Im multilingualen BR-Deutschland ist daraus im Plural eine abfällige Bezeichnung für Polizisten geworden, das PoC-Pendant zu „Bullen“ sozusagen. So klagt der kurdische Rapper KC Rebell aus dem Ruhrgebiet im Song „Banger rebellieren“ etwa sein Leid, er „hatte zu viele Konflikte mit dem Gesetz und den Amcas“.
Shabab
„Shab“ heißt im arabischen Raum „Jugendlicher“, Mehrzahl „Shabab“ sind die „Jugendlichen“. Umgangssprachlich können damit auch die „Jungs“ die Clique, der Freundeskreis gemeint sein. Nicht zu verwechseln mit „Al-Shabaab“, einer islamistischen Terrorormiliz in Somalia.
Foto: Schon länger hier lebende Almans im typischen pseudoarmen Habitat: Wenn die Weißbrote mal rauskommen, könnten sie unter die jugendliche Mehrheitsgesellschaft geraten und dort fremder Worte gewahr werden. Obacht! Nicht alles ist so schrecklich gemeint, wie es klingt.