Das Wochenende naht, der Ausflug ans Meer ist geplant. Doch davor haben die Götter den Autoverkehr gesetzt. Immer der gleiche Stau, sich durch den römischen Verkehr zu wühlen. Auto an Auto, Stoßstange an Stoßstange, Geschrei, Gehupe, Auspuffgase, schrittweise schlängelt man sich voran. Stop and go. Die Nerven liegen blank. Dann die Erlösung: Endlich auf der Fahrstecke. Beglückt von der freien Fahrt, gibt man Gas. Doch dann blitzt es plötzlich. Verdammt, man ist wieder in eine dieser vielen Radarfallen geraden. Ohne Vorwarnung stehen diese so harmlos aussehenden Maste am Straßenrand. Man zockelt nun gewissenhaft seinem Ziel entgegen.
Doch es gibt neue Hoffnung: „Fleximan sta arrivando“ ( Flex kommt) stand in großen Buchstaben auf einem der gefällten Masten zu lesen. Plötzlich spricht ganz Italien vom „Fleximan“. Er ist der neue Robin Hood der gebeutelten Autofahrer. Denn es gibt ein neues Phänomen im Lande, das sogar immer wieder im Fernsehen und Rundfunk debattiert wird. Ein noch vermummter Unbekannter ist am Werk. Er ist in der Nacht, wie Fernsehaufnahmen zeigen, unterwegs mit einem Trennschleifer, Fachjargon „Flex“ (daher die Namensgebung) und schneidet in der Dunkelheit die Masten am Straßenrand, sprich „Radarfallen“, die die Geschwindigkeit der Fahrer messen, durch.
Eine Tatsache ist unumstößlich: Für Städte und Gemeinden sind diese Autofallen zu Goldgruben geworden.
Das Phänomen begann um Weihnachten vergangenen Jahres in Norditalien. Nun scheint „Flexi“, der Rächer oder Raserfreund, wie viele vermuten, verschiedene Nachahmer gefunden zu haben. In neuerlichen diffusen Aufnahmen, die das italienische Fernsehen ausstrahlte, sah man zwei vermummte Kapuzenmänner, die eine Radarfalle niederstreckten.
Die „Flexi“-Attacken haben sich schlagartig über das ganze Land verbreitet. Ob nun der „Rächer“ dieser Blitzkontrollen im Recht ist, oder ob in erster Linie Menschenleben durch Geschwindigkeitskontrollen geschützt werden, darüber gibt es immer wieder heftige Debatten. Eine Tatsache jedoch ist unumstößlich: Für Städte und Gemeinden sind diese Autofallen zu wahren Goldgruben geworden. Italien ist das Land der Geschwindigkeitskontrollen. So gibt es hier rund 11.000 Radarfallen! Somit die größte Dichte in der EU. Zum Vergleich: In Deutschland sind es 4.700 und in Frankreich 3.800. Klar ist auch, daß diese Radarfallen eine riesige immer sprudelnde Quelle für jede Stadt und Gemeinde geworden sind: In Rom bringen diese Radar-Anlagen 6,1 Millionen EU im Jahr. Die Kunststadt Florenz ist Spitzenreiterin im Bußgeldkassieren mit 23,2 Millionen EU; Mailand hingegen kassiert „nur“ 13 Millionen. Radarfallen sind also ein wahrer Geldsegen geworden. Dabei ist Italien schon immer ein teures Land für Autofahrer. Ich denke da an die Autobahngebühr.