© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 11/24 / 08 März 2024

Konsumkritik der Woche
Ohne Leckerbissen
Christian Vollradt

Gegessen wird, was auf den Tisch kommt, lautet eine etwas altmodische elterliche Weise, wenn der Nachwuchs mal wieder allzu wählerisch am Nahrungsangebot herummäkelt. Neumodisch dagegen ist die (Un-)Sitte, seitens der Politik bestimmen zu wollen, was bei den Bevölkernden überhaupt auf den Tisch kommen soll. Schon die Braunen zogen einst namens der vermeintlichen Volksgemeinschaftsgesundheit gegen die Salzkartoffel und für das Vollkornbrot zu Felde; später übernahmen die Grünen solch moralmüslisierende Bevormundung ins Polit-Portfolio. Aber nicht  nur sie. Den Alleinvertretungsanspruch durchkreuzte nun Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU). „Wir haben die höchsten Durchschnittslöhne, aber geben am wenigsten für Lebensmittel aus“, entrüstete sie sich im „Sonntags-Stammtisch“ des BR-Fernsehens. „In Ländern wie Frankreich, Italien oder Kroatien, da fährt man mit dem Fiat 500 zum Markt und kauft beste Ware zu gutem Preis. Die Deutschen fahren mit dem Porsche Cayenne oder mit dem Audi A8 zu Aldi und kaufen das Billigste.“ Nun sehen wir einmal davon ab, auf welchen repräsentativen Fakten die Aussagen der freistaatlichen Politkerin zum Konsumverhalten basieren. Auch was auf dem Tisch und im Bauch der Frau Kaniber – Dienstwagen ist ein BMW 740Ld, Listenpreis 107.500 Euro – landet, geht den Steuerzahler nichts an. Die Aufregung derer, die eher mit dem „Hacken-Porsche“ als mit einem Cayenne zum Discounter juckeln, mag nachvollziehbar sein. Gelassenheit ist dennoch das Gebot der Stunde. Denn schon der olle Tacitus berichtete über unsere germanischen Ahnen: „Die Speisen sind einfach (...) ohne Aufwand, ohne Leckerbissen begnügen sie sich den Hunger zu stillen.“ Weniger bescheiden seien sie nur „dem Durste gegenüber“. Manches bleibt halt, wie es war.