© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 10/24 / 01. März 2024

Umwelt
Es ist nur ein Versprechen
Volker Kempf

Alles, was von den Grünen kommt, ist nicht durchdacht. Das ist das Image der Grünen von heute. Trifft das auch für die geplante Tierwohlabgabe von Cem Özdemir zu? Der Idee nach nicht, denn sie geht auf die „Borchert-Kommission“ zurück. Die hatte schon 2020 eine Abgabe von 40 Cent pro Kilo Fleisch vorgeschlagen. Jochen Borchert (CDU) – von 1993 bis 1998 Bundesagrarminister – äußert zwar in der Lebensmittelzeitung Verständnis für die Bauernproteste, hält eine Tierwohlabgabe aber weiterhin grundsätzlich für richtig. Die Freien Bauern melden dennoch Widerspruch an, denn so werde ein Landwirtschaftsprodukt teurer gemacht. Steuern fließen in den allgemeinen Haushalt, der Rest bleibt Versprechung, warnt die Interessenorganisation der bäuerlichen Familienbetriebe. Verbesserungen bei den Tierstallungen könnten damit nur finanziert werden, wenn das Geld auch entsprechend verwendet wird. Auf dem Agrarmarkt bleibt das aber ein Kostenfaktor. Die Konkurrenten im Ausland haben dadurch einen weiteren Wettbewerbsvorteil.

Der Handel zeigt gern zeitgeistig Flagge, aber wenn es um die Wurst geht, schaut er auf den letzten Cent.

Was ist dann gewonnen? Die Freien Bauern legen den Finger in diese Wunde und fordern daher auch den Abbruch der EU-Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten und Chile sowie das Auslaufen der Zollfreiheit für ukrainische Agrarprodukte. Auch der Lebensmittelhandel gerät hier in den Fokus. Der zeigt gern zeitgeistig Flagge, aber wenn es um die Wurst geht, schaut er auf den letzten Cent. Für die Kennzeichnung von Fleisch und dessen Herkunft gibt es bereits diverse Regeln (JF 9/24), aber das alleine wird nicht reichen, weil auch die Verbraucher auf ihr Geld achten müssen. Unter der Ampel wurde die Abgabenschraube weiter angezogen. Die Steuern werden erhöht, der Agrardiesel wird verteuert, ohne auf der anderen Seite etwas günstiger zu machen. Der Import müßte effizient kontrolliert werden. Ohne Lieferkettennachweis müßte ein Fleischprodukt mit höheren Zöllen belegt werden. In der EU ist das ein schwieriges Unterfangen. Tiere, Bauern und Verbraucher dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Doch genau das fürchten die Freien Bauern nicht ohne Grund.