Auf die Gründungseuphorie folgen die Geburtswehen: Mit Max Otte und Markus Krall haben gleich zwei prominente Gesichter erklärt, der jüngst als Partei gegründeten Werteunion (WU) nicht beitreten zu wollen und den gleichnamigen Förderverein zu verlassen.
Den Ausschlag gaben die jüngsten Äußerungen des WU-Vorsitzenden Hans-Georg Maaßen. In einem Interview mit tv.berlin hatte der ehemalige Verfassungsschutzpräsident betont, die Partei würde mit allen zusammenarbeiten, die die Inhalte teilen. Aber er warnte auch: „Ein Innenminister von der AfD – das erfüllt mich mit Sorge.“ Ohnehin wäre es „fatal“, wenn die Partei in einem Land eine Alleinregierung stellen würde.
Noch deutlicher fiel seine Koalitionsaussage aus: „Unser Premiumpartner wäre die CDU beziehungsweise CSU, weil wir uns von der Partei getrennt haben.“ Kralls Antwort folgte prompt. „Wer von euch würde seine Ex als Premiumpartnerin einordnen?“, schrieb der Ökonom auf dem Kurznachrichtendienst X (früher Twitter).
Auch Otte verärgerten die Interview-Aussagen. „Die Aussagen deuten auf erhebliche politische Fehleinschätzungen und Selbstüberschätzung hin“, äußerte er auf X. Gegenüber der JUNGEN FREIHEIT bekräftigte er seine Haltung: „Es ist ein Kardinalfehler, sich von der AfD distanzieren zu wollen, wenn das Programm zu 80 Prozent deckungsgleich ist.“
Die jüngsten Aussagen Maaßens scheinen jedoch, nur ein Tropfen zu sein, der das Faß zum Überlaufen brachte. „Ich sollte das Zugpferd sein, meine Anhänger mitbringen, aber inhaltlich konnte ich nicht mitentscheiden“, beklagte Krall in der jungen freiheit. Die Partei wolle die Libertären als Wähler, biete ihnen aber nichts an programmatischer Klarheit an. Beispiel dafür sei das wirtschaftspolitische Programm. Nach eigener Aussage sollte Krall dieses „federführend“ verfassen. „Auch dieses gemeinsame Verständnis ist gebrochen worden“, teilte er mit. Mit Begriffen wie „Verteilungsgerechtigkeit“ seien „Pflöcke eingeschlagen“ worden, die die WU nicht wesentlich von anderen Parteien unterscheiden würden.
Seine ehemaligen Weggefährten kritisiert der WU-Chef deutlich. „Das sind Reibungsverluste, die zeigen, daß sich Otte und Krall von der Idee einer neuen Partei entfernt haben“, sagte er der jungen freiheit. Schon früher habe er festgestellt, daß der Libertäre zu „Überreaktionen“ neige und zuweilen „Maß und Mitte verloren“ habe.
In einem späteren Interview mit Tichys Einblick legte Maaßen nach. Beispielsweise warf er Krall vor, an der Schaffung des wirtschaftspolitischen Programms beteiligte Experten wie Fritz Söllner als „inkompetent“ beleidigt zu haben. Zudem soll er gefordert haben, daß Deutschland nur über vier Bundesministerien verfügen möge. Aber auch um Migrationspolitik sei es gegangen: „Wenn er fordert, daß die ganzen Migranten, die unter Merkel nach Deutschland kamen, abgeschoben werden, das ist unsolide und unrealistisch.“ Die WU wolle eine seriöse Kraft sein, die nur das verspreche, was sie einhalten könne.
Noch deutlicher distanzierte sich Maaßen von Otte. Dieser sei seit zwei Jahren kein Mitglied des WU-Fördervereins gewesen, da eine CDU- oder CSU-Mitgliedschaft dafür als notwendig gälte: „Er hat mit uns nichts zu tun und ich bin auch froh, daß wir mit ihm nichts mehr zu tun haben.“ Auf X widersprach Otte den Vorwürfen. So habe er am Tag des Austritts eine Bestätigung per Mail bekommen. „Ich war Mitglied des Vereins und konnte dies laut Satzung auch sein“, teilte er mit. Nach eigener Aussage will er sich nicht „im Klein-Klein der Parteipolitik“ aufreiben: „Ich bin Persönlichkeit des öffentlichen Lebens, kein Parteipolitiker.“