Damit ist es wohl entschieden. Mit 93 zu 61 Stimmen gab das albanische Parlament vergangene Woche seine Zustimmung für den geplanten Asylkompromiß zwischen dem Balkanland und Italien, berichtet die italienische Presseagentur Agenzia Nazionale Stampa Associata. Im Januar gab bereits das albanische Verfassungsgericht seinen Segen für das Vorhaben. Sowohl die „territoriale Integrität der Republik Albanien“ bleibe durch das Abkommen unangetastet als auch das albanische Recht. Auch das italienische Parlament bestätigte die Pläne im Januar.
Der Plan der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni (Fratelli d’Italia) und des albanischen Ministerpräsidenten Edi Rama (Partia Socialiste) sieht folgendermaßen aus: Asylbewerber, die über das Mittelmeer nach Europa kommen, werden in zwei Aufnahmezentren auf albanischem Boden gesammelt. In der Hafenstadt Shëngjin werden ankommende Asylbewerber identifiziert. In ein Zentrum in Gjader, im Nordwesten des Landes, kommen jene, deren Schutzbedürfnis nicht anerkannt wurde. Insgesamt sollen Asylanträge auf diese Weise schnell überprüft und die Antragsteller bei Ablehnung ebenso rasch zurückgeführt werden. Sollte das Recht, in den Zentren versorgt zu werden erlöschen, ist Italien verpflichtet, die Asylbewerber sofort aus Albanien zu schaffen. Innerhalb eines Jahres sollen so bis zu 36.000 Aslybewerber erfaßt und versorgt werden können.
Daß sich das albanische Verfassungsgericht mit den Plänen befaßt, ist nicht zuletzt der albanischen Opposition geschuldet. Belind Këlliçi, Mitglied der liberalkonservativen Partia Demokratike, warf der Regierung vor, den Plan „ohne Parlamentsdiskussion, politische Einigung, jegliche Analyse und öffentliche Transparenz“ gefaßt zu haben. Im November veröffentlichten 29 Organisationen einen offenen Brief, in welchem sie die Regierung aufforderten, das Asylabkommen fallenzulassen. Die Begründung: Es würde Menschenrechte verletzen.
Die geschätzten Kosten des Projekts betragen 39 Millionen Euro, aufgeteilt auf das Innen- und das Justizministerium. Italien plant im laufenden Jahr 9,4 Millionen Euro für die Verwaltung des Zentrums auszugeben.
Ein „Modellprojekt“ für
internationale Zusammenarbeit
Der internen Kritik zum Trotz scheint das Abkommen beide Länder enger zusammenzurücken zu lassen. Am Mittwoch trafen sich der italienische Innenminister Matteo Piantedosi (parteilos) und sein albanischer Amtskollege Taulant Balla (Partia Socialiste) in Rom. „Die Beziehungen zwischen Italien und Albanien werden immer stärker, wie die völlige Harmonie zwischen unseren beiden Premierministern und die Vereinbarung über eine verstärkte Zusammenarbeit bei der Steuerung der Migrationsströme bezeugen. Albanien ist nicht nur ein strategischer Partner, sondern auch ein befreundetes Land, das seine Freundschaft mit den Fakten unter Beweis stellt“, betonte Piantedosi. Um die Freundschaft weiter zu zementieren, will Italien das Balkanland bei seiner geplanten Mitgliedschaft in der Europäischen Unon unterstützen. „Neue Instrumente“, wie das Asylabkommen, seien dabei „ein Element, das die volle Mitgliedschaft in der europäischen Familie bestätigt“.
In der EU finden die Asylpläne dabei überraschende Zustimmung. Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, lobte das Abkommen als „außergewöhnlich“ und eine „wichtige Initiative“. Weniger begeistert äußerte sich die Menschenrechtskommissarin des Europarates, Dunja Mijatović. Das Asylabkommen, sagte sie, würde Migranten grundlegende Menschenrechte entziehen und das Leid verlängern. Es handele sich um „eine extraterritoriale Ad-hoc-Asylregelung, die durch zahlreiche rechtliche Unklarheiten“ gekennzeichnet sei. Meloni scheint davon wenig beeindruckt. Das Asylabkommen, betonte sie kürzlich, sei ein „Modellprojekt“ für internationale Zusammenarbeit.