Es war der teuerste und verlustreichste Einsatz der Nato seit Ende des Kalten Krieges. Und nach all dem vergossenen Blut und den verschleuderten Dollar und Euro wehte im Jahr 2021 erneut die Flagge der Taliban über Kabul.
Daß die Bundesregierung das Scheitern in Afghanistan in einer Enquete-Kommission aufbereitet, ist einerseits richtig und andererseits müßig und sinnlos. Denn der Einsatz scheiterte nicht an den kleinen Fragen, nicht beim Mikromanagement und nicht am Geld, sondern bereits im Ansatz.
Es war von vornherein grundfalsch, nach der Niederschlagung der Taliban in Afghanistan anzunehmen, daß man mit Brunnenbau, Mädchenschulen und Bildungsoffensiven einen gesellschaftlichen Wandel in dem muslimischen Land forcieren könne. Weder die Sowjets noch weit davor die Briten und erst recht nicht die als gottlos empfundenen US-Amerikaner und ihre Verbündeten waren in der Lage, ein „Nation-Building“ durchzusetzen.
Die Idee, daß man es doch könne, ist westliche Hybris und ein Mißverstehen der eigenen europäischen und nordamerikanischen Geschichte, die bis zur Überwindung von Feudalismus und Tribalismus Jahrhunderte an gesamtgesellschaftlichem Fortschritt brauchte. Einfach nur westliche Institutionen und neue Wörter zu nehmen und wie eine Glasur über die Stammeskultur Afghanistans zu gießen, konnte nicht funktionieren.