Wenn ich hier über Bayer Leverkusen geschrieben habe, dann war das meist nicht sehr freundlich. Ich bin eben kein Freund von Plastikklubs und Legionärstruppen. Aber jetzt ist es höchste Zeit, mal eine Eloge auf den Fußball loszuwerden, den diese Mannschaft zeigt. Schnell, leidenschaftlich, technisch höchst versiert – es macht richtig Spaß zuzugucken. Beim 3:0 gegen den FC Bayern am vergangenen Sonnabend hatte ich mich als neutraler Zuschauer vor den Livestream gesetzt. Und dann hat dieses Team mein Herz erobert. Ich habe meine Nostalgiker-Vorbehalte zur Seite gelegt und mich von der Art, wie der Vorjahressechste den Rekordmeister zerlegte, beeindrucken lassen.
In Leverkusen haben die Verantwortlichen Mut bewiesen. Als Spieler hatte Xabi Alonso zwar einen großen Namen, aber als Trainer kam er als Niemand an den Rhein. Vorher leitete er die zweite Mannschaft von Real Sociedad San Sebastian. In der vergangenen, Alonsos erster Saison, gewann die Mannschaft gerade mal zwei Spiele mehr als sie verlor. Nun erst, nachdem der Spanier noch ein paar Spieler aus aller Welt dazuholen konnte, geht dessen Konzept auf. In der Bundesliga, im DFB-Pokal und in der Europa-League ist der Werksklub immer noch ungeschlagen: 27 Siege und vier Unentschieden.
Langsam glaube ich daran, daß es erstmals seit elf Jahren einen anderen Meister als Bayern München geben könnte. Denn dort ist die Trainer-Geschichte nicht so geschmeidig gelaufen, wie man sich das dachte. Als die Bosse seinerzeit hektisch Julian Nagelsmann feuerten, um Star-Trainer Thomas Tuchel zu holen, hatte man wohl kaum geglaubt, daß der Novize Alonso diesem den Rang ablaufen könnte.