Mit einem Dokumentarfilm über 1,5 Millionen Zuschauer ins Kino zu locken, das ist eine Leistung, vor der man nur den Hut ziehen kann. Sie gelang dem französischen Filmemacher und Antarktisforscher Luc Jacquet im Jahre 2005 mit „Die Reise der Pinguine“. Das Meisterwerk gewann 2006 sogar den Oscar. 2017 folgte „Die Reise der Pinguine 2“, und jetzt der pittoresken Pinguinkunde dritter Teil unter dem Titel „Rückkehr zum Land der Pinguine“.
Diesmal jedoch ist es keine Erzählung mit klarer Dramaturgie, eine Methode, die für den sagenhaften Erfolg von „Die Reise der Pinguine“ maßgeblich war, sondern eine zeitweise ins Pathetische abrutschende poetische Meditation, die Jacquet dem Zuschauer anbietet. Der Regisseur (in der deutschen Fassung gesprochen von Ronald Zehrfeld) unterlegt seine leider aus falsch verstandener Liebe zur Fotografie in sprödem Schwarzweiß präsentierten Bilder mit einem Sprecherkommentar, der immer wieder aus der von der Kamera eingefangenen Bildwelt ausbricht und vom Land der Pinguine ins Land der meditativen Reflexion über die Dinge des Lebens abdriftet. „Welche Räume lassen wir den Träumern, den Liebhabern der weiten Räume?“ fragt der Regisseur zu Beginn seiner Expedition ins Tierreich. Oder er erinnert sich daran, wie er als Kind die Welt als ein großes Buch auffaßte, das es aufzuschlagen gilt. Seit 30 Jahren ist er in der Polarwelt unterwegs. Mit 23 Jahren betrat er erstmals den Boden des südlichsten Kontinents, den er respektvoll auch „Königreich des Eises“ nennt.
Der Filmemacher lehrt Staunen über die vielfältige Schöpfung
Erfüllt von der „Pracht“ dieser entlegenen Welt, läßt der Regisseur den Zuschauer teilhaben an den unterschiedlichen Etappen seiner Expedition ins Eis. Die Südspitze Patagoniens ist der Startpunkt. Hier bereitet er sich physisch und mental auf seine Reise in das kalte Königreich vor. Spektakuläre Aufnahmen vom Nationalpark Torres del Paine im Süden Chiles, von den südlichsten Wäldern der Welt, vom legendären Feuerland sind zu sehen. An der Magellanstraße erinnert er an den großen Weltumsegler Magellan (1480–1521), porträtiert das Kap Hoorn, den Alptraum aller Seefahrer. Schließlich kommen sie vor die Linse seiner Kamera: die ersehnten eisigen Küsten und endlosen weißen Landschaften der Antarktis. „Wie Kinder auf einem Schulausflug“ kommt ihm eine Kolonie von Eselspinguinen vor, die eine Landzunge in Besitz nimmt, die kurz zuvor noch wie leblos und in der Kälte erstarrt dalag.
Packeis, das sich im Jahr des Filmdrehs ungewöhnlich breit um die Küste lagert, behindert den Weg auf das antarktische Festland. Jacquet muß sich bei seiner Erkundung vorsehen vor Löchern im Eis, die die Robben sich geschaffen haben. Ins eiskalte Wasser möchte im Südpolarmeer niemand fallen. Schließlich trifft er wieder auf eine Gruppe von Kaiserpinguinen. Sie waren in den ersten beiden Filmen der Reihe seine Protagonisten. Für den Franzosen mit dem Südpoltick ist es ein ergreifendes Wiedersehen. Lange läßt er die Kamera ruhen auf Szenen, die ihn in unmittelbarer Nähe der Kaiserpinguine zeigen, und philosophiert über das Glück, unter wilden Tieren zu Gast zu sein, ohne ihnen Angst zu machen. Da Pinguine keine Menschen kennen, kann man sich ihnen bis auf wenige Schritte nähern.
Das filmische Reisetagebuch des 56jährigen Zoologen, der 2007 mit „Der Fuchs und das Mädchen“ unter Beweis stellte, daß er auch die heimische Fauna wunderbar ins Bild setzen kann, lehrt Staunen über die Schöpfung. Selbst hier, im ewigen Eis der Antarktis, ist sie noch verblüffend vielfältig. Wie konnte auf diesem lebensfeindlichen Erdteil überhaupt Leben entstehen? Wo sich Pinguine im Blizzard ganz entspannt einschneien lassen, wären Menschen längst erfroren.
Am Ende sieht man Luc Jacquet auf einem majestätisch anmutenden Felsplateau stehen wie auf einem „Balkon, von dem aus man auf den Rest der Welt schauen“ kann, und begreift ein wenig von der Faszination, die der kalte Kontinent seit dreißig Jahren auf den Filmemacher ausübt.