Der Münchener Geschichtsprofessor Andreas Wirsching hat anläßlich der Demos „gegen Rechts“ alle Wirtschaftsvertreter dazu aufgerufen, „sich eindeutig (zu) positionieren“. Das führt indes zu zwei Fragen: Inwieweit ist dies die Aufgabe der Wirtschaft? Und ist der AfD die Schwächung des Standorts zuzuschreiben? Wirtschaftslenker sind in erster Linie ihren Eigentümern und Kapitalgebern verantwortlich, darüber hinaus in gewissem Rahmen ihren Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten.
Ihre Aufgabe ist es nicht, das politische System zu designen. Dieses würde eine Überforderung der Wirtschaft bedeuten, die bereits beim Klimawandel sowie der vorerst gescheiterten EU-Lieferkettenrichtlinie deutlich wurde: Der Unternehmer kann nicht die Menschenrechte weltweit retten, wenn es die Politik nicht hinbekommt. Sein unternehmerisches Risiko ist viel zu hoch, verglichen mit dem diplomatischen Risiko einer Ampel-Außenpolitik. Ein Unternehmen kann, anders als die Politik, vom Markt verschwinden, es riskiert schlicht seine Existenz.
Deutsche Unternehmen sollen sich nun zwangssolidarisieren mit Parteien, die ihnen Probleme ohne Ende bereiten. 2023 gab es einen Nettokapitalabfluß in Höhe von rund 125 Milliarden Euro. Hierfür die Opposition und nicht die Koalitionen der jüngeren Vergangenheit verantwortlich zu machen, ist hanebüchen. Firmen verlagern ihre Produktion nicht wegen der AfD ins Ausland, sondern wegen der Bürokratie, der Steuern und der Energiepolitik. Daß es trotz anhaltender Masseneinwanderung immer noch einen Fachkräftemangel gibt, das müßten die Unternehmer anprangern, statt sich vor den ökosozialistischen Karren spannen zu lassen, der sie und die ganze Volkswirtschaft ruiniert.
Eine berechtigte Frage ist, ob der „Populismus“ durch seine – tatsächliche oder vermutete – Fremdenfeindlichkeit den Arbeitsmarkt schädigt. Allerdings ist die AfD nicht gegen die Einwanderung von Arbeitskräften, wenn diese hochqualifiziert sind. Sie erhebt lediglich die Stimme gegen die illegale Einwanderung. Diese macht wirklich qualifizierten Zuwanderern wegen der Kriminalitätsbelastung möglicherweise mehr Angst als blaue Wahlplakate – ein paar Recherchen genügen. Vor dem Umzug nach Deutschland werden sie die zahlreichen Mängel im Gesundheits- und Bildungssystem entdecken; die unpünktliche Bahn, das unzureichende Internet und diverse Funklöcher tun ein Übriges. Hinzu kommen hohe Steuern, Wohnungsmangel und bürokratische Marathonläufe.
Die hellen Köpfe, die dann einwandern, werden schnell die Verantwortung der etablierten Parteien erkennen. Populistische Parteien existieren vielerorts, sind an Regierungen beteiligt, ohne daß eine Kapitalflucht vergleichbaren Ausmaßes aus diesen Ländern zu beobachten wäre. Deutsche Unternehmer machen Geschäfte mit autokratischen Regimen und entsenden ihre Mitarbeiter in Länder, die es mit Menschenrechten nicht so genau nehmen. Warum sollte ausgerechnet der deutsche „Populismus“ so viel abschreckender sein? Die AfD hat in ihrem Programm viele wirtschaftsfreundliche Elemente. Vielleicht sollten die Mittelständler diese mal anschauen. Jedenfalls werden Bürokratie, Steuern und Energiepreise nicht dadurch weniger, daß man die einzige große Oppositionspartei beschimpft und marginalisiert – ganz im Gegenteil.
Prof. Dr. Reiner Osbild ist Ökonom und Ordinarius an der Hochschule Emden/Leer.