© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 08/24 / 16. Februar 2024

Wirtschaft in Grün
In fast allen Rankings zeigt der wirtschaftliche Weg Deutschlands nach unten
Ulrich van Suntum

Helmut Schmidt hatte es geahnt: „Wer die Grünen wählt, wird sich später einmal bitterste Vorwürfe machen“, kommentierte er die Gründung der Partei vor vierzig Jahren. Wie recht er damit hatte, mußte er nicht mehr miterleben.

Nach nicht einmal der Hälfte der Ampel-Legislaturperiode liegt die deutsche Wirtschaft am Boden. Auf 0,3 Prozent senkte die OECD ihre Wachstumsprognose 2024, halb soviel wie im Euroraum insgesamt. Von allen Industrieländern schneidet nur Argentinien (!) noch schlechter ab. Und auch im kommenden Jahr soll es nur wenig besser werden. Deutschland wird weiterhin der Bremsklotz für Europas Wirtschaft sein.

Was für ein Abstieg der einstigen Vorzeigewirtschaft und Konjunkturlokomotive. Und der kommt nicht von ungefähr. Denn die selbsternannte „Fortschrittskoalition“ ließ nichts aus, was der hiesigen Wirtschaft schaden könnte. Schon allein der Atomausstieg in einer Zeit extremer Energieknappheit war ein Schildbürgerstreich, über den man im Ausland nur den Kopf schüttelte.

Selbst die EU hat inzwischen die Kernenergie als klimafreundlich und kostengünstig anerkannt. Aber während diese in Frankreich, Polen, Schweden ,Tschechien und Großbritannien eine regelrechte Renaissance erlebt, blieben die deutschen Grünen stur bei ihrer „Nein danke“-Ideologie. Das war aber bei weitem nicht alles.

Es mußten auch noch das Bürgergeld eingeführt und der Mindestlohn erhöht werden, letzteres sogar an der dafür zuständigen Kommission vorbei. Per Dekret wurde 2020 eine gesetzliche Untergrenze von 12 Euro pro Stunde für immerhin ein gutes Fünftel aller Arbeitsverhältnisse festgelegt. Auf den ersten Blick gut für die Beschäftigten, aber ein weiterer Kostenfaktor für die ohnehin gebeutelten Unternehmen.

Vor allem kleine Handels- und Gastronomiebetriebe haben inzwischen ihre Öffnungszeiten stark reduziert oder ganz aufgegeben. Sie finden einfach keine Leute mehr oder können sie nicht bezahlen, zumal auch die Abgabenlasten unter der Ampel in nie zuvor gekannte Höhen gestiegen sind.

Zugleich reißt der Zuwandererzustrom nach Deutschland nicht ab. Im Jahr 2022 kamen sage und schreibe 2,7 Millionen Neuankömmlinge ins Land, darunter gut eine Million aus der Ukraine. Zumindest letztere sind zwar meist ausgebildet und auch kulturell gut integrierbar. Trotzdem finden sie anders als in anderen Ländern kaum in den Arbeitsmarkt, sondern beziehen lieber Bürgergeld.

Erst recht gilt dies für „geflüchtete“ Nordafrikaner und Araber, die oft sogar Analphabeten sind. Selbst von den Neuankömmlingen der ersten Welle aus den Jahren 2015/16 ist bisher nur gut die Hälfte in einem Job, und von diesen arbeiten wiederum nur zwei Drittel Vollzeit. 

Insgesamt liegt die Arbeitslosenquote der erwerbsfähigen Flüchtlinge bei 30 Prozent und damit etwa fünfmal so hoch wie insgesamt. Das verursacht neben den kulturellen Problemen immense Kosten. Und auch längerfristig wird der Sozialstaat durch die Zuwanderung nicht entlastet, anders als die Ampel es uns glauben machen will. Vielmehr wird die ohnehin bestehende Nachhaltigkeitslücke in den Sozialsystemen nach Berechnungen des Freiburger Finanzwissenschaftlers Bernd Raffelhüschen durch die Zuwanderung nochmals um 5,8 Billionen auf insgesamt 19,2 Billionen Euro erhöht.

Trotzdem erzählen die Berliner Regierungspolitiker nach wie vor ihre Ammenmärchen: Die Zuwanderer werden unsere Renten bezahlen, Sonne und Wind schicken keine Rechnung, Elektroautos sind emissionsfrei und so weiter und so fort. Das Schlimmste daran ist, daß zumindest die Grünen den Unsinn tatsächlich glauben.

Zwar hat inzwischen selbst Wirtschaftsminister Robert Habeck eingeräumt, daß die deutsche Wirtschaft nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Aber seine Rezepte sind untauglich, denn er will noch mehr von der vergifteten grünen Medizin: Milliardensubventionen für „grüne“ Energien und für Produkte wie Computerchips, bei denen Deutschland anderen Ländern aus Fernost hoffnungslos unterlegen ist. Das ist herausgeworfenes Geld, das alle Bürger zahlen müssen. Habeck schaufelt gleichsam wertvolles Wasser in die Wüste und merkt gar nicht, daß er dadurch nur die wenigen noch blühenden Oasen trockenlegt.

Was stattdessen wirklich geschehen müßte, steht in einer aktuellen Studie des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung. Im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen haben die Mannheimer Forscher zum neunten Mal ihren international vergleichenden Index zur Standortattraktivität erstellt. Deutschland ist darin gegenüber 2020 um weitere vier Plätze abgerutscht und liegt inzwischen nur noch auf dem 18. Platz unter 21 Vergleichsländern. Das paßt zu anderen Standortstudien, etwa dem aktuellen Ranking des IMD World Competitiveness Center in Lausanne. Dort ist Deutschland auf Platz 22 gefallen.

Eine der größten Schwächen sehen die ZEW-Forscher bei der Steuerbelastung der Unternehmen. Sie ist hierzulande von allen Vergleichsländern am höchsten, mit Ausnahme von Japan. Weitere Negativposten sind die hohen Arbeitskosten bei zugleich schwacher Produktivität und hohen Energiepreisen. Und nicht zuletzt auch die „lähmenden Regulierungslasten“, die das alles noch überwuchern.

Besonders erschreckend aber ist, daß das rohstoffarme Deutschland selbst bei Bildung und Humankapital nicht mehr punkten kann. Dabei war gerade das immer unsere große Stärke. Auch hier spielt die Zuwanderung eine zentrale, aber keine gute Rolle, wie das ZEW befindet. Denn es kommen nicht nur zu viele Unqualifizierte, der hohe Migrantenanteil in den Schulen hemmt auch die Bildungschancen der einheimischen Kinder. Gut sind wir nur noch bei den Finanzierungskosten, laut ZEW nicht zuletzt wegen der deutschen Schuldenbremse. Aber bekanntlich arbeitet die Ampel bereits hart daran, auch diese noch abzuschaffen.






Prof. Dr. Ulrich van Suntum war Wirtschafsweiser der Bundesregierung und lehrte an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.