© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 07/24 / 09. Februar 2024

Aus 2015 „nichts zurücknehmen“
In der aktuellen „Cato“-Ausgabe steht Ex-„Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann Rede und Antwort
Gil Barkei

Er war Bild, jetzt ist er auf dem Titel der aktuellen Ausgabe des Cato-Magazins. Und im Interview mit Cato-Chefredakteur Ingo Langner bezieht der ehemalige Bild-Chef Kai Diekmann klar Stellung zum heutigen – oftmals eingewanderten – Antisemitismus und zu seiner Rolle im „Wir schaffen das“-Sommer 2015.

„Wie verrottet muß man sein, wenn man Fotos von verschleppten Frauen und Kindern von den Wänden reißt, wie es an westlichen Universitäten geschehen ist!“ betont der 59jährige mit Blick auf die Terrorattacken der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober. Wenn man sehe, was sich darauf „auf deutschen Straßen abgespielt hat“, sei die Angst vieler Juden in Deutschland „alles andere als grundlos“. Daß „die Innenverwaltung von Berlin eine Warnung für Touristen aus Israel aussprechen muß, es könne in bestimmten Berliner Bezirken gefährlich sein, sich als Israeli oder als Jude zu erkennen zu geben“, sei „verkehrte Welt, das ist einfach unerträglich!“ 

Diekmanns Forderung: Deutschland müßte „eher gestern als heute jede Zahlung“ an die Palästinenser einstellen, „weil unsere Gelder nicht dort ankommen, wo sie ankommen sollen, also nicht den Menschen zugute kommen, sondern tatsächlich zum größten Teil dazu dienen, den Hamas-Terrorismus zu finanzieren“. 

Von seiner „Refugees welcome“-Kampagne möchte Diekmann allerdings „nichts zurücknehmen“: „Wir haben 2015 aus meiner Sicht zu Recht verlangt, daß Deutschland ein freundliches Gesicht zeigen muß, wenn Menschen an Leib und Leben bedroht werden und zu uns wollen, um ihre Kinder, um sich selbst in Sicherheit zu bringen. Auf der anderen Seite – und das gehört eben auch dazu – haben wir immer wieder und auch die ganzen Jahre zuvor unter meinen Vorgängern Versäumnisse in der Asylpolitik, vor allem in der Integrationspolitik, angeprangert.“ Die These, er habe sich insgeheim gefreut, daß die medialen Feinde von taz, Spiegel und Co. ihn für die Übernahme der Antifa-Parole loben mußten, weist Diekmann scharf zurück.

Briefe aus Warschau, Wien, Lima und Oxford 

So bemerkenswert offen sich der Medienunternehmer den kritischen Nachfragen stellt, so uneinsichtig zeigt er sich gegenüber der Grenzöffnung. Wenn er davon spricht, das lockende viele Geld in Deutschland habe anfangs keine „entscheidende Rolle gespielt“, sondern vielmehr sei es um „Flüchtlinge in erbärmlichem Zustand“ gegangen, die „alles auf sich genommen haben, nur um ihr nacktes Leben zu retten“, dann erscheint dies auch neun Jahre später sehr naiv bis ausweichend. Erst recht, wenn Diekmann kritisiert, Deutschland habe aus der Migrationskrise von damals nichts gelernt, weil das liberale Asylgesetz jene anzieht, die „in den Genuß unseres Sozialsystems“ kommen wollen. Hier zeigt sich der Buchautor hart und hält „die Entscheidung, Ukrainern Bürgergeld zu zahlen, für falsch“.

Auch an weiteren Stellen beleuchtet die neue Cato-Ausgabe die deutsch-israelischen Beziehungen im Schlaglicht der jüngsten Angriffe auf den jüdischen Staat, aber auch über die (sicherheits-)politische Sphäre hinaus. Chaim Noll verweist entlang von Iddo Netanjahus Roman „Itamar K.“ auf die linke Kulturdominanz in dem Land, während Artur Abramovych, der Vorsitzende der Bundesvereinigung Juden in der AfD, weiterführend erklärt, wie der deutsche Literaturbetrieb diese noch unterstützt, indem israelische rechte Autoren hierzulande gar nicht erst übersetzt werden – obwohl es lohnende Stimmen gibt. Der Pianist und Publizist Siegfried Gerlich untersucht in seinem Essay zur „fälligen Aufarbeitung der palästinensischen Vergangenheit“ auch die „Unheilvolle Allianz“ zwischen Muslimen und NS-Deutschland. Und Ulrich Vosgerau geht der Frage nach, ob die „besondere historische Verantwortung Deutschlands für die Sicherheit Israels“ tatsächlich „Teil der Staatsraison“ geworden ist. 

Briefe aus Warschau, Wien, Lima und Oxford sowie ein Essay von Konstatin Fechter über die USA blicken über den Nahostkonflikt hinaus.

Kontakt: CATO Verlag GmbH, Fasanenstr. 4, 10623 Berlin. Das Einzelheft kostet 17 Euro.

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