© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 07/24 / 09. Februar 2024

Ländersache: Bayern
Himmi, Herrgott, Zackrament, Zefix
Kuba Kruszakin

Bei Gott wird nicht gespart. Jedenfalls nicht an den Grundschulen, wenn es nach Markus Söder geht. Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef hat jüngst sein Veto gegen mögliche Kürzungen des Religionsunterrichts eingelegt. Diese hatte Kultusministerin Anna Stolz von den Freien Wählern (FW) angeregt. Anlaß für den jüngsten Zoff innerhalb der Koalition war der Negativrekord bei der internationalen Pisa-Studie (JF 51/23). Insbesondere das Leseverständnis und die Rechenaufgaben hatten den Jugendlichen Probleme bereitet. Daß also die Fächer Deutsch und Mathematik gestärkt gehören, darüber herrscht Einigkeit im Kabinett.

Nach den Plänen des Kultusministeriums, die im Bildungsausschuß des Landtages vorgestellt wurden, soll Deutsch in allen vier Jahrgangsstufen der Grundschule jeweils eine zusätzliche Unterrichtsstunde wöchentlich bekommen. Die Schüler der ersten und der vierten Klasse könnten darüber hinaus mit einer weiteren Wochenstunde Mathematik rechnen. Die Krux dabei: An der Gesamtzahl der Schulstunden wollen weder die Christsozialen noch die Freien Wähler rütteln.

Für Stolz gehört der Religionsunterricht als „Teil der christlich-jüdischen Kultur“ untrennbar zur Schule – eine Auffassung, die alle in der Koalition teilen. Allerdings gilt das immerhin mit drei Stunden wöchentlich vermittelte Fach als Kandidat schlechthin für potentielle Kürzungen. Geht es nach der FW-Politikerin, sollen Schulen eine Wochenstunde in jedem Jahrgang streichen dürfen. Unterstützung bekommt sie von dem FW-Fraktionschef Florian Streibl. Der studierte katholische Theologe bezeichnete den Vorstoß gegenüber dem Münchner Merkur als „angebracht und sinnvoll“.

Ministerpräsident Söder hat andere Ideen: Als Alternative regt er Kürzungen beim Englischunterricht an. Bevor man über diesen nachdenke, müssen die Schüler erstmal gut Deutsch können, erläuterte er. Eine Auffassung, die eine Mehrheit von Pädagogen an den weiterführenden Schulen zu teilen scheint. Bereits im Juli hatte eine Umfrage des Bayerischen Philologenverbandes ergeben, daß 82 Prozent der Englischlehrer an den Gymnasien sogar für eine komplette Streichung dieser Fremdsprache in der Grundschule waren. Das Niveau würde ohnehin nicht ausreichen. Andere, wie der Bayerische Elternverband, stehen hinter Stolz. Dessen Vorsitzender Martin Löwe zeigte sich „entsetzt“ über Söders „Basta-Entscheidung“, die Frust bei denjenigen erzeuge, die sich „tagtäglich“ für die Bildung engagieren würden. Noch weiter geht der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband: Nicht weniger Unterricht an der Grundschule sei gefragt, sondern mehr, insbesondere nach „jahrzehntelangem“ Lehrermangel und der Corona-Zeit.

Der genaue Ausgang des Streits um die Lehrpläne ist noch offen – und die Stimmung angeheizt. Als CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek eine Resolution zur Entwicklung der ländlichen Räume präsentierte, bemerkte Streibl, die Vorschläge seien bereits im Koalitionsvertrag enthalten. Und erlaubte sich eine Anspielung auf den jüngsten Konflikt: „Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. Das gilt für die Pisa-Studie ebenso wie für den Vertrag.“