© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 06/24 / 02. Februar 2024

Umwelt
Die bunte Mahnwache
Martina Meckelein

Seit Tagen und Nächten harren Demonstranten am Rande der Straße des 17. Juni in Berlin aus, kampieren zwischen abgestellten Wohnwagen und Kleinlastern. „Den Ampelschrott brauchen wir nicht“, lautet die Aufschrift eines Banners an einem aufgebockten Autowrack der großen Ost-West-Achse. „Wir sind ein bunt zusammengewürfelter Haufen“, sagt Martin Kiefer (39), Pressesprecher der Mahnwache. Es sind vielleicht 35 Bauern, Handwerker, Rettungssanitäter, Verwaltungsangestellte und Altenpfleger – eine lockere Gruppe: „Wir sind partei-, vereins- und verbandslos, machen alles in Eigenregie.“ Mit den Bauernverbänden haben sie nichts am Hut. Aber wie kam es überhaupt dazu, daß sie hier nun die Regierung „ermahnen“? „Die Bauerndemo war beendet, und dann kamen ein paar Tage später die Spediteure“, erinnert sich Kiefer. „Die wollten die Mahnwache bis zum 28. Januar weiter anmelden. Doch nach deren Demo lösten die sich am 20. Januar innerhalb von vier Stunden auf. Plötzlich stand die Polizei bei uns vor der Tür und wollte räumen. Da habe ich die Mahnwache einfach übernommen.“

Wer gegen genetisch veränderte Nahrungsmittel auf die Straße geht, ist klar im Vorteil.

Kiefer erzählt, er habe seinen Personalausweis dem Einsatzleiter der Polizei gezeigt und gesagt: „Melde hiermit die Fortsetzung der Mahnwache an!“ Bei der Erinnerung daran lächelt er: „Ich mußte mir doch irgend etwas aus dem Ärmel schütteln, und sagte: Eine Mahnwache der Menschen zur Unterstützung der Landwirtschaft und Spediteure.“ Doch das hätte der Polizei nicht ausgereicht. „Da ergänzte ich: ‘... und gegen genetisch veränderte Nahrungsmittel’. Das klappte.“ Melanie Geiseler ist Altenpflegerin aus Oberfranken – und ein Beispiel dafür, daß aus dem „motorisierten Mistgabelmob“ (Spiegel) ein breites Bündnis der Kritik an der Ampel geworden ist. „Die soll weg“, sagt die blonde Frau. „Unsere Rentner, die das Land aufgebaut haben, müssen sparen, die haben am Monatsende kaum etwas, können nur noch einen Raum heizen. Altenheime werden geschlossen und Flüchtlinge kommen da rein. So geht das nicht weiter. Erstmal müssen unsere Leute versorgt sein.“