© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 06/24 / 02. Februar 2024

CD-Kritik: Giacomo Meyerbeer
Ein Bärendienst
Jens Knorr

Als künstlerische Summe zweijähriger Studien bei dem Komponisten, Musiktheoretiker und -pädagogen Abbé Georg Joseph Vogler legte dessen Schüler Jakob Liebmann Meyer Beer das Oratorium „Gott und die Natur“ sowie eine „ernste Oper in drei Akten mit Ballett“ vor: „Jephtas Gelübde“ auf einen Text von Professor Aloys Wilhelm Schreiber. Die Uraufführung 1812 an der Hofoper München errang nur einen Achtungserfolg.

Formal noch der Gattung Singspiel zugehörig, orientiert sich die Schülerarbeit deutlich an den Vorbildern Gluck, Mozart und eben Vogler, enthält aber auch Elemente, die der Komponist, der seine Nachnamen seit 1810 zu einem zusammengezogen hatte, in seinen reifen Opern voll entfalten würde. Doch wüßten wir nicht um diese, würden wir sie in jener wohl kaum vermuten. In Meyerbeers Erstlingsoper sind sie noch ungelenk und nur notdürftig verschraubt.

Das Jugendwerk hätte mehr musikalische Kompetenz gebraucht, als Solisten, Chor und Orchester der Philharmonie Sofia unter dem Dirigat von Dario Salvi aufbringen konnten. Es scheint, als hätten sie alle Kraft mit der Organisation dieser Einspielung selbst derart erschöpft, daß für eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Partitur und Dialogen über hochfliegendes Blattsingen und Notenspiel und Schultheater hinaus wenig nur übergeblieben ist. Der an Meyerbeer Interessierte wird aus dem Vorgebrachten das Gutgemeinte gern heraushören wollen. Mit der Herausgabe aber haben Mitwirkende samt Plattenfirma dem Komponisten einen Bärendienst erwiesen.

Giacomo Meyerbeer Jephtas Gelübde Marco Polo 2023

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