Sechsjähriger Ausländerjunge in Freibad vor den Augen der Badegäste von Neonazis ertränkt und keiner schritt ein! Diese unfaßbare Tat im sächsischen Sebnitz sorgte im Sommer 2000 für unglaubliche Empörung – und zwar zweimal: Erst als das Verbrechen bekannt wurde. Dann als es sich als Hirngespinst der Mutter erwies. Immerhin war die Aufmerksamkeit für die überraschende Aufklärung ähnlich groß wie für die angebliche Tat. Zerknirscht grübelten Medien und Öffentlichkeit, wie man so leichtgläubig hatte sein können. Der Spiegel fand die Erklärung im Wunsch des deutschen Unterbewußtseins, Täter sein zu wollen: „Das ganze Land zog sich ein gräßliches Kleid an, stellte sich vor den Spiegel und sagte: ‘Paßt!’“ Doch wie jüngst der Bauernaufstand für Habecks Fähre oder das „Geheimtreffen in Potsdam“ zeigten, wird längst nicht jede mediale Irreführung so vorbildlich aufgearbeitet wie Sebnitz. Wir haben für Sie sieben große Medienlügen der letzten Jahre zusammengetragen, die unkorrigiert blieben.
„Rassistischer Mordanschlag“ auf Ermyas M.
Der Vorfall: Im April 2006 wird der äthiopischstämmige Ermyas Mulugeta an einer Potsdamer Haltestelle lebensgefährlich am Schädel verletzt und fällt ins Koma.
Der Vorwurf: Die Medien berichten unisono von einem „rassistischen Mordanschlag“ (Spiegel), bei dem das Opfer „brutal ins Koma geprügelt“ (Zeit) und wehrlos am Boden liegend getreten wurde.
Die Reaktion: Wochenlang rollte eine Welle der Empörung durchs Land: Aufschrei in Medien, Politik, Öffentlichkeit, Demonstrationen. Politiker, die zur Vorsicht mahnen, geraten unter Druck. Auch im Ausland wird empört berichtet: Deutschland steht kurz vor der Heim-WM international am Pranger. Der Generalbundesanwalt übernimmt und der Verdächtige Björn L. wird quasi als Staatsfeind inszeniert, indem man ihn einen orangefarbenen Overall stecken, ähnlich dem der in Guantanamo inhaftierten Terrorverdächtiger.
Der Tathergang: Von der rassistischen Prügelorgie rechtsextremer Mordbrenner, als die der Fall um die Welt geht, bleibt nichts übrig. Das beweist die Telefon-Mailbox der Frau M.s, die den Vorfall zufällig aufzeichnet: Denn für sie hinterläßt der Angetrunkene dort gerade unflätige Beleidigungen, als die Täter vorbeigehen. M. pöbelt sie ebenfalls an und tritt einem ins Gesäß. Der pöbelt „Scheiß Nigger“ zurück und streckt M. mit einem einzelnen Fausthieb nieder. Wer so hart zuschlug, bleibt unbekannt, da „Staatsfeind“ Björn L. auf Antrag der Staatsanwaltschaft aus Mangel an Beweisen freigesprochen wird.
Die Lüge: Eine kritische Reflexion wie nach Sebnitz bleibt weitgehend aus, und die Berichterstattung über den wahren Hergang steht in keinem Verhältnis zu der in den Wochen nach der Tat. Im nationalen und vor allem internationalen öffentlichen Bewußtsein bleibt der Fall überwiegend als Mordversuch rassistischer Rechtsextremer haften. (mo)
„Hetzjagd“ von Mügeln
Der Vorfall: In der Nacht zum 19. August 2007 werden während eines Stadtfests im sächsischen Mügeln acht Inder verletzt und fliehen vor fünfzig Deutschen in eine Pizzeria, wo sie zwei Polizisten beschützen.
Der Vorwurf: Die Medien berichten von einer „brutalen Hetzjagd“ (Hamburger Abendblatt), bei der ein „rasender Mob die Inder durch Mügeln gehetzt haben soll“ (Spiegel).
Die Reaktion: Wie schon im Fall Ermyas M. geht ein Aufschrei der Empörung durchs Land – und um die Welt. Mit verheerenden Folgen für den Ruf Deutschlands – unterstützt von der Deutsche Welle, die „berichtet als stünde zu Hause eine rechtsradikale Machtübernahme bevor“, wie ein JF-Leser aus Pakistan schreibt. Über Nacht sei Mügeln zum „neuen Begriff für rechte Gewalt“ geworden, stellt die „Zeit“ fest.
Der Tathergang: „Die ‘Hetzjagd’ von Mügeln war eine Festzeltschlägerei“, schreibt später die „Zeit“: Ausgelöst hat den Gewaltausbruch ein Streit auf der Tanzfläche des Festzelts, für den sich Deutsche und Inder gegenseitig die Schuld zuschieben. Schwere Verletzungen gibt es auf beiden Seiten. Schließlich flüchten die Inder aus dem Zelt und rennen in die Pizzeria gegenüber. Dort haben sie Todesangst, da 50 Mann das Lokal belagern und eine Tür einschlagen. Parolen der Neonazi-Szene werden gerufen. Zwei Polizisten verhindern das Schlimmste, bis siebzig Bereitschaftspolizisten eintreffen, die zunächst noch „von Rechten und Linken angegriffen wurden“ (Stern), dann aber die Inder befreien.
Die Lüge: Der Prozeß bestätigt die Lebensgefahr, in der die Inder schwebten sowie die Beteiligung von Rechtsextremisten. (Die laut einer von der Heinrich-Böll-Stiftung geförderten späteren Studie den Konflikt gesucht hätten.) Doch für die grausige „Hetzjagd“ durch die Stadt, die die Presse in alle Welt gemeldet hatten, findet die Staatsanwaltschaft keine Beweise. Dennoch revidiert nur ein Teil die Darstellung – bis heute halten einige Medien an der „Hetzjagd“ fest. Die, anders als im deutschen, auch im englischen Wikipedia-Eintrag zu Mügeln noch „Fakt“ ist. (mo)
CDU-MdB Hohmann nennt Juden „Tätervolk“
Der Vorfall: Aus Anlaß des Tags der Deutschen Einheit 2003 hielt der CDU-Bundestagsabgeordnete Martin Hohmann eine Rede in Neuhof bei Fulda.
Der Vorwurf: Darin habe der „CDU-Hetzer“ (Bild) die Juden „Tätervolk“ genannt, womit der „Antisemitismus im Bundestag angekommen“ (Jüdische Gemeinde Frankfurt) sei.
Die Reaktion: Wochenlang tobt die „Hohmann-Affäre“: Der „antisemitische Ausfall“ (Spiegel) des „lupenreinen Goebbels“ (Stern), der die „Aussöhnung zwischen Juden und Nichtjuden brutal zertreten hat“ (Zentralrat der Juden), sei „unerträglich“ (Angela Merkel) und wurde zur „Zerreißprobe für die CDU“ (Tagesspiegel), die ihn schließlich rauswarf. Im Zuge der Affäre wurde zudem der Kommandeur des Kommandos Spezialkräfte der Bundeswehr, General Reinhard Günzel, entlassen, als seine private Unterstützung für Hohmann bekannt wurde. Der Begriff „Tätervolk“ wurde Unwort des Jahres 2003.
Der Tathergang: Die Rede mit dem Titel „Gerechtigkeit für Deutschland“ widmete sich unter anderem dem linken Kollektivschuld-Vorwurf, wegen der NS-Verbrechen seien die Deutschen ein „Tätervolk“. Um dies zu entkräften, führte Hohmann an, daß etliche der für die kommunistischen Verbrechen verantwortlichen Bolschewisten jüdischer Abstammung waren, weshalb man nach der gleichen Logik auch die Juden als „Tätervolk“ bezeichnen könnte. Da das aber Unsinn sei, sei es das ebenso im Fall der Deutschen.
Die Lüge: Obwohl die Rede die Aussage verwirft und zudem am Ende wörtlich klarstellte: „Weder Deutsche, noch Juden sind ein Tätervolk“, verbreiteten zahlreiche Medien, Hohmann habe die Juden als solches betitelt. Und obgleich es ihm gelang, dem Stern gerichtlich zu verbieten, die Behauptung zu wiederholen und sich die ARD, der WDR, ntv, Bild, Spiegel, Zeit, FAZ, Süddeutsche, Handelsblatt und weitere führende Medien, bis hin zur Bundeszentrale für politische Bildung, verpflichteten, sie künftig zu unterlassen, wurde Hohmann nie rehabilitiert und gilt vielen bis heute als Antisemit. (mo)
„Hetzjagden“ von Chemnitz
Der Vorfall: Proteste gegen Ausländergewalt entzünden sich am Sonntag, den 26. August 2018 nach einem Mord auf dem Chemnitzer Stadtfest. Asylbewerber hatten einen 35jährigen Deutsch-Kubaner erstochen. In der Folge zogen 800 Hooligans durch Chemnitz. Sie überwanden Polizeiabsperrungen und verfolgten einen pöbelnden Migranten.
Der Vorwurf: „Hetzjagden auf Ausländer“ soll es gegeben haben, heißt es zuerst in Sozialen Medien. Ein Video des Accounts Antifa_Zeckenbiß solle dies belegen.
Die Reaktion: Bereits am Tag danach machte sich die Bundeskanzlerin Angela Merkel den Vorwurf zu eigen: „Wir haben Videoaufnahmen darüber, daß es Hetzjagden gab, daß es Zusammenrottungen gab, daß es Haß auf der Straße gab, und das hat mit unserem Rechtsstaat nichts zu tun.“ Schon am 29. August widerspricht die sächsische Zeitung Freie Presse der Behauptung. Danach meldet sich die Generalstaatsanwaltschaft Sachsen mit dem gleichen Urteil: „Nach allem uns vorliegenden Material hat es in Chemnitz keine Hetzjagd gegeben.“ Schließlich stimmt am 7. September auch der Chef Bundesverfassungsschutzes Hans-Georg Maaßen ein, und dementiert. Es lägen „keine belastbaren Informationen darüber vor, daß solche Hetzjagden stattgefunden haben“. Maaßen wird danach in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Benefizkonzerte gegen Rechts wie „Wir sind mehr“ werden initiiert.
Der Tathergang: Die gefilmte Verfolgung richtet sich gegen einen Migranten, der die Demonstranten durch Pöbeleien provoziert hatte.
Die Lüge: Die Regierung hat die Behauptung, es habe Hetzjagden auf Ausländer in Chemnitz gegeben, mehrfach verteidigt. Auf eine AfD-Anfrage, welche Erkenntnisse von Sicherheitsbehörden bei der Aussage vorgelegen hätten, antwortet der Regierungssprecher, „zu diesem Zeitpunkt existierten in den sozialen Medien bereits vielfach verbreitete Schilderungen der Geschehnisse“. Merkel betonte später im Bundestag, „begriffliche Auseinandersetzungen darüber, ob es nun Hetze oder Hetzjagd ist, helfen uns dabei wirklich nicht weiter“. (mp)
”Sturm“ auf den Reichstag
Der Vorfall: Am 29. August 2020 stürmen etwa 400 Protestler im Rahmen von Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen Treppe und Podest des Reichstags und besetzen sie für einige Minuten. Sie machen Fotos und Videos. Dann beginnt die Polizei die Räumung, da die Menge nicht freiwillig geht.
Der Vorwurf: „Rechtradikale, Wutbürger und Querdenker“ (Spiegel) haben „aus Haß auf die Demokratie“ (Justizministerin Lamprecht) einen „Sturm auf unser Parlament“ (FDP) unternommen. Sechs Polizisten hätten den Versuch, „sich mit Gewalt Zutritt zu verschaffen (und) das Parlament zu besetzen“ (Zeit), knapp verhindert.
Die Reaktion: Als „Sturm auf den Reichstag“ und „Angriff auf das Herz unserer Demokratie“ (Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, SPD) stilisieren Medien und Politik den Vorfall.
Der Tathergang: Als die Anmelderin einer Demonstration sieht, daß keine Polizisten mehr an der Absperrung zum Reichstag stehen, ruft die Heilpraktikerin dazu auf, „die Treppe friedlich zu besetzen“. 25 Beamte rannten hinterher, 19 werden zum Teil mit Tritten und Schlägen gehindert, die Treppe zuerst zu erreichen. Sechs kommen auf das Podest vor dem Hauptportal – knapp nach der Menge. Die Heilpraktikerin ruft auf der Treppe ins Megafon: „Wir schreiben heute hier in Berlin Weltgeschichte. Guckt euch um, die Polizei hat die Helme abgesetzt. Vor diesem Gebäude steht keine Polizei mehr, und Trump ist in Berlin. (...) Wir müssen jetzt beweisen, daß wir alle hier sind.“
Die Lüge: Kein Medium berichtet, daß die Menge kurz vor den Polizisten am ungeschützten Hauptportal ist – ohne zu versuchen, einzudringen. Als die sechs Beamten sich dann dazwischenschieben, sind sie hoffnungslos unterlegen, können sich aber dennoch, wenn auch nur mit Mühe, ohne Gewaltanwendung behaupten – unterstützt von einem Teil der Protestler, wie Videos zeigen. Die Mehrheit zielt nur auf Treppe und Podest und versucht Aufnahmen zu machen. Bei ihr findet die aggressive Minderheit, die ins Gebäude will, kein Gehör und ist offenbar so klein, daß sie sich allein nicht traut. 89 Beteiligte werden ermittelt. 2023 erhalten sechs davon Geldstrafen bis 2.500 Euro – wegen Landfriedensbruch wird niemand verurteilt. Eine Antwort auf eine JF-Nachfrage beim Bundestag, die Widersprüche aufzuklären, lag bis Redaktionsschluß noch nicht vor. (mo)
Angst und Schrecken im Bundestag
Der Vorfall: Unbekannt
Der Vorwurf: AfD-Bundestagsmitarbeiter bedrohen Angestellte anderer Fraktionen.
Die Reaktion: „AfD-Mitarbeiter verbreiten Angst und Schrecken im Regierungsviertel“ (Spiegel) „Angst vor AfD-Mitarbeitern mit Messern“ (RND) „Bundestag will Waffen im Parlament verbieten“ (Berliner Zeitung)
Der Tathergang: Unbekannt.
Die Lüge: Vor allem der Spiegel berichtet 2019, der Bundestag habe sich durch den Einzug der AfD „in ein Haus der Angst“ verwandelt. Doch die von ihm genannten Fälle boten nichts Handfestes oder waren gar nicht der AfD zuzuordnen. Keinen der Vorwürfe hatte das Magazin wirklich recherchiert, alles beruhte auf Hörensagen. Eine Nachfrage der JF beim Bundestag, ob die Vorwürfe je untersucht, was dabei festgestellt und ob eventuelle Täter sanktioniert worden sind, mochte man in der Sache nicht beantworten. Nur daß dem Parlament zwei Fälle bekannt sind, in denen polizeiliche Ermittlungen aufgenommen wurden. Einer wurde wegen Nichtigkeit eingestellt und über den anderen sei nichts weiteres bekannt, da er sich gar nicht im Bundestag zugetragen habe. Damit bleibt also schleierhaft, worauf die „Angst und Schrecken“-Berichterstattung des Spiegel beruhte. Und so geisterhaft wie sie erschien, verschwand sie auch wieder.
Historisches: Einzig bekannter Gewaltakt im Bundestag ist der Angriff auf den Abgeordneten Wolfgang Hedler. Der 1949 wegen Antisemitismus aus der Fraktion der Deutschen Partei ausgeschlossene Ex-Nationalsozialist wurde am 10. März 1950 von SPD-Abgeordneten verprügelt, wobei er durch eine Glastür und eine Treppe hinabstürzte und eine Platzwunde am Kopf erlitt. (mo)
Polizei verhindert Reichsbürger-Putsch
Der Vorfall: 3.000 Polizisten verhafteten in der größten Razzia in der Geschichter der Bundesrepublik am 7. Dezember 2022 24 Personen um Heinrich XIII. Prinz Reuß. Er soll Kopf einer Gruppe sein, die einen Staatsstreich geplant hat.
Der Vorwurf: Es sei „der größte Umsturzversuch rechter Demokratiefeinde“ (Frontal). Der „Terror-Fürst“ (heute) Heinrich XIII. Prinz Reuß hätte als Staatsoberhaupt einem von ihm eingesetzten „Rat“ vorgestanden. Eine neue Armee aus 286 regionalen Bataillonen hätte die neue Regierung absichern sollen.
Die Reaktion: Zahlreiche Medienhäuser wurden vorab informiert, standen mit den Kameras und fertigen Exklusivgeschichten bereit, als die Durchsuchungen begannen. Diskussionen entspinnen sich über das Vorgehen. Schließlich werden Waffengesetze verschärft und das Demokratiefördergesetz, welches linke NGOs stärker bezuschußt, vorangebracht.
Der Tathergang: Bleibt unausgeführt. Die Polizei fand bei den 69 Beschuldigten 273 Schußwaffen, 259 Hieb- und Stichwaffen sowie mehr als 80.000 Munitionsteile. 190.000 Euro Barvermögen und „Edelmetalle“ in einem Gesamtwert von 400.000 Euro.
Die Lüge: Gefahr bestand für Regierungsmitglieder, Bundestagsabgeordnete und Mitarbeiter tatsächlich. Aber – ob die 136 Personen starke „Rollator-Truppe“ um den verwirrten Prinzen, alkoholkranke Ex-Militärs und QAnon-Gläubige tatsächlich „das System“ hätte stürzen können – daran hegten auch die Behörden immer wieder große Zweifel. Ein bayerischer Anti-Terror-Polizist lehnte daher die Übernahme der Ermittlungen im März 2022 ab. Und auch der Generalbundesanwalt will später das bis dahin in München geführte Verfahren zunächst nicht an sich ziehen. Die für eine Übernahme der Ermittlungen notwendige „besondere Bedeutung“ des Falls sei nicht erkennbar. (mp)