© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 06/24 / 02. Februar 2024

Bjørn Andreas Bull-Hansen. Der norwegische Bestsellerautor sorgt sich zunehmend um Europas Völker.
Der letzte Wikinger
Auðunn Arnórsson

Es tue ihm leid, dies sagen zu müssen: „Aber ich fürchte, Europa ist dabei zu sterben. Es ist zu weit gegangen: Massenzustrom von Einwanderern, niedrige Geburtenrate und dieser dauernde Selbsthaß, den wir seit Jahrzehnten beobachten!“ Mit so klaren Worten, gesprochen von einer ruhigen, männlichen Stimme, beginnt der norwegische Schriftsteller Bjørn Andreas Bull-Hansen eines seiner jüngsten und meistgesehenen Youtube-Videos: An einem Lagerfeuer im winterlichen Wald sitzend, spricht der sonst unpolitische 51jährige Naturliebhaber ein brisantes Thema an.

Geboren 1972 in Oslo, war Bull-Hansen bisher für seine historischen Sachbücher und Abenteuerromane zum Thema Wikinger bekannt – die sich auch in Deutschland mit Erfolg verkaufen, wo sie beim Verlagsriesen Penguin-Random-House erscheinen, hinter dem Bertelsmann steht. 2017 gelang ihm mit „Viking“, dem ersten Band der Romanreihe „Jomswikinger-Saga“ über die Fahrten des Nordmanns Torstein Tormodson ein Bestseller und der internationale Durchbruch. 

Man darf gespannt sein, wie viele seiner politisch unkorrekten Videos sich Bull-Hansen noch leisten kann.

Als erfolgreicher Schriftsteller ist seine Relevanz in der öffentlichen Debatte Norwegens zwar gestiegen, aber in den sozialen Medien ist er bis dato weniger deshalb bekannt gewesen, als vielmehr für seine Videos zum Leben in der Wildnis seiner Heimat, in die er sich gerne zurückzieht, und über die Kultur der Wikinger, die ihn schon als Kind gefesselt hat. Mitunter meldete er sich auch zum Tier- und Naturschutz oder zum Dopingproblem im Kraftsport zu Wort, dem sich der bullige Bull-Hansen, der selbst aussieht, wie man sich einen Wikinger vorstellt, auch schon gewidmet hat. Denn als ehemaliger Champion im Gewichtheben hat seine Meinung „Gewicht“ in dieser Szene. Außerdem betreibt er historisches Bogenschießen und schreibt seit Jahren eine Kolumne in der Segel-Zeitschrift Seilas, die sich einer weiteren seiner Leidenschaften widmet: Unter anderem segelte er alleine von Afrika nach Norwegen. 

Wichtig ist ihm trotz seines Erfolgs als Autor ein Leben gemäß seiner Tugenden zu führen, die in der Wikingerkultur verwurzelt sind. Er sieht sich als „modernen Wikinger“, als „Low-Tech-Mann in einer High-Tech-Welt“. Statt die Annehmlichkeiten seines Vermögens zu genießen, lebt er abgelegen an einem Fjord und jedesmal, wenn er mit seinem Boot hinausfährt oder durch die Wälder seiner Heimat streift, wird ihm die tiefe Verbindung zur Vergangenheit bewußt. 

Immer häufiger drehen sich seine Videos nun um den Bestand Europas: „Warum“, fragt er in klarem Englisch, „gelten nur noch Minderheiten, wie Basken, Friesen oder Samen als Völker? Was ist mit der Mehrheit? Norwegisch ist eine Nationalität, warum sprechen wir nicht ebenso von den „Norse“ (Nordmännern), dem Volk, dem die meisten Norweger entstammen? Sind Europas Völker nicht seine wahre Diversität?“ 

Bull-Hansen sucht nach den Wurzeln, nicht Technik, Natur mache Menschen glücklich, Mann sein, Frau sein, Eigenverantwortung, „traut nicht den Woken, dem System, das damit lockt, für euch zu sorgen, nur um euch zu besitzen“. Wie viele solcher Videos sich der Schriftsteller noch leisten kann, bevor seine Verlage in aller Welt nervös werden, wird ebenso spannend zu verfolgen sein, wie wie sein Kampf dann ausgeht.