Für sein neues Album hat sich der britische Musiker Peter Gabriel (73) einiges einfallen lassen. Die zwölf Titel erscheinen in zwei unterschiedlichen Versionen, einem Bright-Side-Mix und einem Dark-Side-Mix, die er über das Jahr verteilt jeweils an Vollmond und Neumond veröffentlichte. War es den Aufwand wert? Bis auf winzige Nuancen unterscheiden sich die Mixe nicht voneinander. Eine einfache Version hätte sicherlich ein kompakteres Album ergeben, dennoch überzeugt der Inhalt – und darauf kommt es schließlich an.
In „Olive Tree“ beispielsweise läßt Gabriel es richtig krachen. Bläser und Gitarren verleihen der neuen Platte damit sogar einen kleinen Anstrich von Stadionpop. Das groovig-basslastige „Road to Joy“ ist nicht minder mitreißend und weist an einigen Stellen Ähnlichkeiten zu dem Hit „Sledgehammer“ (1986) auf.
Genauso zeigt Gabriel aber auch seine zarte Seite, etwa in „And Still“, das er seiner Mutter widmete: „I place my head against your skin as I did as a boy. And still your hands feel cold, those hands that brushed my hair“. Noch immer hält seine Stimme der selbstgesetzt hohen Meßlatte stand, breitet sich wie Nebel langsam über die ruhigeren Stücke aus. Gabriel wirkt geerdet, er weiß worauf er vertrauen kann und muß sich nicht mehr an Experimenten verbrennen.
Und dennoch ergibt sich wie gewohnt viel Abwechslung: Ein bißchen Rock, ein bißchen Pop, Funk oder auch Weltmusik: den Engländer trotz einer so langen Karriere in eine musikalische Schublade zu stecken ist auch auf „i/o“ nicht möglich.
Peter Gabriel i/o Real World Prod. Ltd 2023