© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 04/24 / 19. Januar 2024

Demokratieabgabe Plus
Auch Correctiv will noch mehr: Die Debatte um eine Presseförderung wird das neue Jahr begleiten
Gil Barkei

Seit Jahren geistert sie durch Redaktionsstuben und das politische Berlin: die Presseförderung. Schon die Große Koalition dokterte daran herum. Nachdem im Juni 2018 die Absenkung des Mindestlohns für Zusteller auslief und höhere Kosten auf die Medienhäuser zukamen, sollte es eine Subventionierung der Zeitungszustellung bringen. Doch nach langem Hin- und-her-Gefeilsche über den Betrag von 100 auf 40 und plötzlich auf 220 Millionen Euro samt „Förderung der digitalen Transformation“ versandete das Vorhaben Stück für Stück im Zuständigkeitsgerangel der Ministerien, die sich das ungeliebte und vom Bundesrechnungshof heftig kritisierte Thema gegenseitig aufs Auge drücken wollten. Bis letztlich Frankensteins Medienmonster erst gar nicht zum Leben erweckt und für den Ampel-Haushalt 2024 keine Presseförderung eingeplant wurde. 

Doch damit ist das Thema noch lange nicht vom Tisch, es wird auch das frisch gestartete Jahr begleiten. Im Raum steht die Forderung des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) nach einer Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Zeitungen. Zum Jahreswechsel betonte Staatsministerin für Kultur und Medien Claudia Roth ihre Unterstützung. „Es wäre ein wichtiger Schritt, wenn die Mehrwertsteuer von 7 Prozent weiter abgesenkt wird“, sagte die Grünen-Politikerin im Dezember der Deutschen Presse-Agentur. Denn ein Zusammenbruch der „flächendeckenden Versorgung“ könne sich „negativ auf unsere Demokratie in den betroffenen Regionen auswirken“. Seit längerem wird spekuliert, Roths Haus könnte nach dem Gezanke und Abwinken des Wirtschaftsministeriums die Federführung übernehmen. 

Die Demokratie ist dabei das Totschlagargument. Längst blicken die Verlage neidisch auf die Gebührentöpfe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und betonen die gleichwertige Bedeutung ihrer Produkte für die freiheitlich-demokratische Grundordnung: Also warum nicht die „Demokratieabgabe“ erweitern? Immerhin steht im rot-gelb-grünen Koalitionsvertrag, „freie und unabhängige Medien sind in einer Demokratie unverzichtbar“. Daher möchte die Regierung „die flächendeckende Versorgung mit periodischen Presseerzeugnissen gewährleisten“ und prüft, „welche Fördermöglichkeiten dazu geeignet sind“. Darauf pochen auch „gemeinwohlorientierte“ Journalismusangebote wie das linke Rechercheportal Correctiv, das „zufällig“ momentan in aller Munde ist und bereits staatliche Fördergelder erhält. In einem offenen Brief forderte das „Forum gemeinnütziger Journalismus“ die Bundesregierung Ende vergangenen Jahres auf, gemeinwohlorientierten Journalismus zu ermöglichen. Unterzeichner sind unter anderem Correctiv-Gründer David Schraven und der neue DJV-Vorsitzende Mika Beuster. Der DJV hatte zuvor bei seinem Verbandstag die Regierungen von Bund und Ländern angemahnt, „eine staatsfern organisierte Journalismusförderung einzurichten“. Im Hintergrund zirkuliert längst der Ansatz, die Länder könnten mehr Verantwortung bei der Thematik übernehmen. Medienforscher Christopher Buschow schlug bereits im Sommer vor, die Rundfunkkommission der Länder müßte „eigentlich eine Medienkommission der Länder sein“.