© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 04/24 / 19. Januar 2024

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Wenn Stelen fehlen
Christian Vollradt

Den meisten Angestellten, die hier tagtäglich zur Arbeit gehen, mag es gar nicht mehr auffallen. Doch seit etwa einem Jahr stehen am zentralen Eingang des Jakob-Kaiser-Hauses an der Wilhelmstraße, einem der Hauptbürobauten des Bundestags und am Nordeingang des Reichstags anstelle der grau hinterlegten gläsernen Hinweisschilder mit dem Namen des Gebäudes ersatzweise OSB-Holzplatten in den Metallfassungen. Wind und Wetter haben den Holzfasern bereits zugesetzt. 

Nun ist man in Sachen Baumängel im Bundestag einigen Kummer gewohnt. Regelmäßig müssen in den Fluren des Jakob-Kaiser-Hauses bei starkem Regen Plastikmülleimer das Wasser auffangen, damit der Holzboden nicht naß wird und Schaden nimmt. Ganz zu schweigen vom Anbau des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses, der bereits 2013 fertig sein sollte, bis heute aber noch seiner vollständigen Verwendung harrt. 

Da sind solche fehlenden Schilder samt Hinweis, um welches Gebäude es sich handelt, nun wirklich eine Petitesse. Besucher ohne nähere Kenntnisse werden sich beim Blick auf die Holzfaserplatten wohl fragen: Was soll das? Ist das Kunst – oder kann das weg? 

Es kommt weg, verspricht jedenfalls die Bundestagsverwaltung. Die Glasstelen an den Gebäudeeingängen seien „entweder durch äußere Einflüsse oder durch allgemeine Alterung beschädigt“, vor allem die Aufschriften seien schadhaft gewesen, teilte die Pressestelle auf Anfrage der JUNGEN FREIHEIT mit. Die Ersatzstelen habe man „zeitnah beauftragt“. Aber wie es halt derzeit so ist: „Aufgrund der allgemeinen Lieferengpässe bei Baumaterialien, auch bei dem hier benötigten Spezialglas, kam es leider zu Verzögerungen.“ Nun liegen die neuen Stelen aus Glas „ montagebereit“ bei der beauftragten Firma und sollen, „sobald es durchgehend frostfrei (über 5 Grad Celsius) ist, montiert“ werden. 

Kenner der Verhältnisse vor Ort sind allerdings aus Erfahrung skeptisch: „Das glaube ich erst, wenn die Dinger wirklich da stehen“, kommentierte ein im Bundestag Beschäftigter die Angaben der Verwaltung.