© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 04/24 / 19. Januar 2024

Kaare Dybvad-Bek. Wer ist der Sozialdemokrat, der die CSU in Sachen Einwanderungsbegrenzung aufklärt?
Sarrazin auf dänisch
Auðunn Arnórsson

Ausgerechnet ein Sozialdemokrat als Ehrengast der CSU auf ihrer traditionellen Neujahrsklausur, um zudem Anregungen zum Thema Einwanderungsbegrenzung vorzutragen! Nein, es war nicht Thilo Sarrazin, den Landesgruppenchef Alexander Dobrindt am 7. Januar ins malerisch verschneite ehemalige Benediktinerkloster Seeon geladen hatte, sondern Dänemarks Einwanderungsminister Kaare Dybvad-Bek. Allerdings verkündete der die gleichen Botschaften wie der Berliner Ex-SPD-Senator, etwa es komme darauf an, daß „nicht mehr Menschen ins Land gelangen, als integriert werden können“. Oder das Asylrecht müsse „denen vorbehalten (sein), die Schutz benötigen. Andere müssen sich über regulierte Kanäle wie Arbeitserlaubnisse oder Studienaufenthalte bewerben.“ Und, so legte Dybvad-Bek ganz im Stile Sarrazins nach: „Wer kein Asyl bekommt, darf keine Erlaubnis haben, trotzdem im Land zu bleiben.“ 

Der dänische Politiker ist zur Zeit europaweit eine der bekanntesten Stimmen in der Debatte um Regelung und Begrenzung der Einwanderung – kraft seines Amtes als Minister für Migration und Integration der sozialdemokratischen Koalitionsregierung von Ministerpräsidentin Mette Frederiksen mit Rechts- und Linksliberalen. Bereits in Frederiksens vorigem Kabinett ab 2019 hatte er das Amt des Wohnungsbau-, dann des Innenministers inne, bis er im Mai 2022 das Ausländerressort übernahm. Krönung einer steilen Karriere, seit der ehemalige Vorsitzende der sozialdemokratischen Jugendorganisation vor acht Jahren in den Folketing, das Parlament in Kopenhagen, einzog. 

„Unsere Analyse hat gezeigt, daß es die Arbeiterviertel sind, die den Preis für die Einwanderung zahlen.“

Sozialen Stallgeruch bringt der studierte Geograph und Geoinformatiker qua Elternhaus mit, 1984 wurde er in Holbæk auf der dänischen Hauptinsel Seeland als Sohn eines Mechanikers und einer Krankenschwester geboren. Und so erinnerte Dybvad-Bek die Christsozialen in Seeon daran, daß die durch Einwanderung verursachten Hauptkonflikte sich nicht in den Quartieren der Besserverdienenden niederschlagen, sondern in den Revieren der kleinen Leute: „Unsere Analyse zeigt, daß (in Dänemark) die stark sozialdemokratisch geprägten Arbeiterviertel jene sind, die den Preis für Migration zahlen.“ Daher gelte es für die Interessen der Bürger dort zu kämpfen, „denn wenn man eine Partei der Arbeiter- und Mittelschicht sein möchte, muß man dafür sorgen, daß die Migration ein zu bewältigendes Ausmaß hat“.

Und während hierzulande einen Zusammenhang von Einwanderung und Wahlverhalten der Bürger festzustellen schon als populistisches Theorem gilt, dem nachzugeben „die Rechten“ stärkt, kommt der dänische Linke zum gegenteiligen Schluß: „Länder mit starken Rechtsaußen-Parteien sind Länder mit hoher Migration. Wenn wir nicht handeln, wenden sich die Menschen den Rechtspopulisten zu.“ Deshalb, so Dybvad-Bek, gebe es in Dänemark derzeit nur noch etwa 400 illegale abgelehnte Asylbewerber – da dürften Dobrindt die Ohren gesaust haben! „Wir wollen von euren Erfolgen lernen“, versprach ihm der Oberbayer eifrig.

Nach der Bundestagswahl 2025 mag die CSU wohl die Gelegenheit haben, das zu beweisen. Doch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird sich trotz Dobrindts Versprechen am Ende zeigen, daß die Partei Kaare Dybvad-Bek in Seeon nicht wirklich zugehört hat.