Während des von Preußen geführten Krieges gegen Frankreich konnte die Festung Kolberg 1807 gegen Napoleons Belagerungstruppen verteidigt werden. Die politisch-moralische Signalwirkung, so stellt es Lothar Schimmelpfennig in seiner Studie zum vor allem durch Veit Harlans 1943/44 gedrehten Ufa-„Film der Nation“ ultimativ zum „Mythos Kolberg“ geformten Kriegsgeschehen fest, habe die militärstrategische Bedeutung der pommerschen Hafenstadt weit übertroffen (Pommern, 4/2023). Primär deshalb, weil der Beitrag der von Joachim Nettelbeck organisierten, unter dem Befehl des Festungskommandanten August Neidhardt von Gneisenau stehenden Bürgerwehr dessen Theorie bestätigte, nationale Widerstandskräfte ließen sich optimal nur jenseits der Ständegesellschaft mobilisieren. Gneisenau setzte daher die Legende vom „Bürger Nettelbeck“ als Retter Kolbergs publizistisch in Umlauf. Im Schatten dieses Heldenbildes mußte die Hilfe britischer Fregatten verschwinden, die im Juni 1807 auf der Kolberger Reede für den Erfolg der Verteidiger entscheidende vierzig Geschütze und 10.000 Gewehre löschten. Die bis 1811 über Kolberg abgewickelten geheimen Waffenlieferungen des preußischen Alliierten fanden in Harlans Film, an dessen Drehbuch Joseph Goebbels mitschrieb, natürlich keine Erwähnung.