Die beiden Freundinnen Hanna (Julia Garner) und Liv (Jessica Henwick) haben die Nase voll vom langweiligen Nordamerika und möchten etwas von der weiten Welt sehen: Als Rucksacktouristinnen touren sie durch Australien. Das Geld verdienen sie sich mit Gelegenheitsarbeiten, wo immer sie gerade landen. Und manchmal entscheidet die Arbeit auch darüber, wo sie länger bleiben. Neudeutsch heißt das „work & travel“.
Nachdem sie in der Front Bar irgendwo im australischen Niemandsland eingetroffen sind, übernehmen sie hier die beiden vakant gewordenen Stellen als Bardamen. Die Umgebung ist alles andere als anheimelnd: Der Barbesitzer lebt in einem Wohnwagen auf der anderen Seite der Straße, die Gegend, in der sie gestrandet sind, ist menschenleer, und die wenigen Menschen, die hier leben, so dröge wie die Wüste in Westaustralien. Erst wenn ein gewisser Alkoholpegel erreicht ist, tauen sie auf, werden dann aber auch schnell ausfallend und zudringlich.
Eine Atmosphäre latenter Bedrohung
Schon bald findet die blonde Hanna den Laden, in dem sie und Liv am Tresen stehen, nur noch „widerlich“ und die Gäste auch. Sie möchte weiterreisen. Doch Liv fühlt sich wohl in der Rolle der neuesten Attraktion. Sie überredet ihre Freundin, noch etwas länger auszuhalten. Die beiden machen ein paar flüchtige Männerbekanntschaften, lassen sich mitnehmen auf einen Ausflug, und Kitty Green, die Regisseurin, nutzt all das, um geschickt eine Atmosphäre latenter Bedrohung zu erzeugen. Als Zuschauer meint man zu ahnen, daß jede Begegnung mit einem der ungehobelten Rabauken in der Bar so enden könnte wie in „Angeklagt“ (1988), dem Vergewaltigungsdrama von Jonathan Kaplan mit Jodie Foster als Opfer sexueller Gewalt. Doch Green möchte sich nicht in die Karten sehen lassen, will nicht vorhersehbar sein. Und so schwebt das Damoklesschwert des Unheils über der Spelunke in der Einöde Australiens und schwebt und schwebt ...
Was der Regisseurin zweifellos großartig gelungen ist, sind die minutiöse Beschreibung des prekären Milieus, in dem sie ihren Film spielen läßt, und die subtile Spannungserzeugung. Mehr und mehr fühlt sich Hanna in der Bar – und mit ihr der Zuschauer – einer äußeren Bedrohung ausgesetzt wie die eingeschlossene Farm-hausgesellschaft in „Die Nacht der lebenden Toten“ (1968), nur daß es hier keine Zombies gibt, lediglich Männer, die sich meistens so aufführen, als wären sie welche.
Der Titel, der ein königliches Hotel suggeriert, ist natürlich reine Ironie. Das Haus mit der Bar im Erdgeschoß sieht schäbig und heruntergekommen aus. Und die Manieren der Männer scheinen sich diesem Erscheinungsbild angepaßt zu haben. Es ist eine Art Pascha-Proletariat, das hier in der Steppe eines Bergbaugebiets den Ton angibt und gegen das nur Frauen ankommen, die selbst einen aggressiven Tonfall pflegen. Jeder der Männer, die die beiden attraktiven Damen umschwärmen, hält sich selbst für eine gute Partie. Ein kritisches Selbstbild hat kaum einer.
Doch Kitty Green zeigt auch die andere Seite der Medaille: Frauen, die sich der latenten Bedrohung nicht entziehen, sondern sie als Faszinosum fixieren, dem sie spielerisch, mitunter auch lasziv begegnen. Da wird dann schon mal auf den Tischen getanzt – buchstäblich –, da werden dann schon mal provozierend die Hüllen fallen gelassen. Es gibt sturzbesoffene Männer, die völlig enthemmt sind, und es gibt sturzbesoffene Frauen, die auf Tabuzonen pfeifen. Der Zuschauer soll ahnen, daß das leider quälend langsam inszenierte Treiben rund um die Spelunke auf eine Katastrophe zuläuft. Ob dabei wie in Ridley Scotts „Thelma und Louise“ (1991) die Frauen die Hosen anbehalten oder sie wie in „Angeklagt“ zu wehrlosen Opfern einer testosterongesteuerten Übermacht werden, muß natürlich jeder selbst herausfinden.