Viele Berlinerinnen waren sich wohl gar nicht bewußt, daß ihr Treiben in Kreuzberger Yogastudios „kapitalistisch, patriarchal und rassistisch“ ist. So klassifiziert nämlich die aus Bombay stammende Sangeeta Lerner jene von ihr als „koloniale Aneignung“ empfundene Yoga-Praxis, die sie vorfand, als sie 2013 nach Deutschland kam. „In Yogastudios trifft man vor allem weiße, schlanke Frauen, die ihre Privilegien gar nicht erkennen“, klagte die 44jährige vorigen Sonntag im Berliner Tagesspiegel. „Es schockiert mich, daß hier eine Kultur ausgebeutet wird und die Menschen das gar nicht merken“, belehrt Lerner, die in ihrer ersten Yogastunde gleich von einer „krassen Performance“ traumatisiert wurde. Unterrichtet wurde die Gruppe nämlich von einer „weißen Frau“, zudem hatte sie als einzige Dunkelhäutige keine passende Yogahose an. „In den Kursen gibt es hauptsächlich weiße Menschen, BIPoC fühlen sich oft nicht wohl, weil den Studios das Verständnis darüber fehlt, was Diversität eigentlich bedeutet.“ Deshalb nutzt Lerner im Interviev auch gleich die Gelegenheit, um für ihre Kurse zu „dekolonialem Yoga“ zu werben, in denen sie neben Yoga auch engagierte Aufarbeitung kolonialer Schuld anbietet.