© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 02/24 / 05. Januar 2024

Quelle der Inspiration
Ausstellung: Fotografien aus der Bildersammlung der mexikanischen Künstlerin Frida Kahlo in den Opelvillen Rüsselsheim
Claus-M. Wolfschlag

Ohne Zweifel ist Frida Kahlo ein Publikumsmagnet. Ihr Leben war spannend, wenn auch keinesfalls leicht. Es bedient zudem viele für den heutigen Zeitgeist attraktive Interessenfelder. Da ist die Frau, die sich nicht nur als Künstlerin durchsetzt, sondern sich auch gegenüber dem Ehemann, einem notorischen Schürzenjäger, mit eigenen Affären die sexuelle Freiheit erkämpft. Da ist die Exotik der bunten mexikanischen Lebensfreude. Da ist die Gebeutelte, die einerseits im Glamour ihrer Zeit lebt, andererseits durch mehrere Krankheiten mit einem harten Lebensschicksal konfrontiert wird. Da ist schließlich die überzeugte Kommunistin, was sich heutzutage offenbar immer noch als chic verkaufen läßt. Und da ist die Künstlerin, die es vermochte, dem Surrealismus eine volkstümliche, somit auch für breitere Massen gefällige Variante beizusteuern.

Ein Verkehrsunfall führte zu lebenslangen Schmerzen

Kahlo wurde 1907 in Mexiko-Stadt geboren. Sie entstammte der Ehe einer Mexikanerin mit dem aus Pforzheim stammenden protestantischen Fotografen Carl Wilhelm („Guillermo“) Kahlo. Eine später von Frida Kahlo behauptete jüdische Abstammung wurde von der Forschung widerlegt. Frühzeitig wurde Frida Kahlo von Krankheiten gebeutelt, so im Alter von sechs Jahren durch die Kinderlähmung und im Alter von 18 durch einen Verkehrsunfall. Die Stahlstange eines Busses rammte sich in ihr Becken, was zu lebenslangen starken Schmerzen und einem zeitweiligen Leben in einem Stahlkorsett führte. Mit 19 Jahren begann sie zu malen, zwei Jahre später ehelichte sie den 20 Jahre älteren Maler Diego Rivera. Alkoholismus, zahlreiche Affären, eine Scheidung und Wiederheirat folgten. Bekannt wurde das Paar auch durch die Unterstützung des ins mexikanische Exil geflohenen Sowjet-Kommunisten Leo Trotzki. Kahlo gewährte ihm Unterschlupf und soll eine ihrer Affären mit ihm unterhalten haben. Nach dessen Ermordung indes soll Kahlo zur Stalin-Verehrerin umgeschwenkt sein, was ihrem heutigen Nimbus nicht zu schaden scheint. Nach einer Beinamputation starb sie 1954 an einer Lungenembolie.

Der Titel der Ausstellung, die derzeit in den Rüsselsheimer Opelvillen zu sehen ist, kann irritieren. „Frida Kahlo. Ihre Fotografien“ zeigt nämlich keine Fotokunst der Malerin, sondern 200 Aufnahmen aus ihrer umfangreichen Bildersammlung. Diese diente ihr als Inspirationsquelle, während sie heutigen Besuchern vor allem Einblicke in Kahlos Leben ermöglicht. Die Schau ist somit vor allem etwas für eingefleischte Kahlo-Fans, nicht jedoch für Kunstfreunde auf der Suche nach Augenschmaus.

Zu sehen sind zahlreiche Familienaufnahmen, die einen Blick in Kahlos Alltagsleben ermöglichen. Den Anfang machen Arbeiten ihres als Fotograf tätigen Vaters, darunter viele Selbstporträts. Diego Rivera und diverse Freunde tauchen auf den Bildern auf. Das „Blaue Haus“, Kahlos Elternhaus, ist zu sehen, in dem sie und Rivera viele Jahre lebten. Hinzu kommen einige Bilder Nickolas Murays von Kahlos Krankenlager. Man sieht von Rivera erworbene Bilder des Lebens in der noch jungen Sowjetunion. Ein Teil der Sammlung umfaßt Aufnahmen der Ford-Werke in Detroit des amerikanischen Realisten und Fotografen Charles Sheeler (1883–1965). In der Faszination für den industriellen Apparat, der Menschen zu Arbeitsbienen macht, waren sich Kommunisten und Kapitalisten nun einmal stets einig. Dem stehen einige in der Sammlung zu findende Bilder indigener Frauen und historischer Maya-Bauten gegenüber.

Die Ausstellung „Frida Kahlo. Ihre Fotografien“ ist bis zum 4. Februar in den Opelvillen Rüsselsheim, Ludwig-Dörfler-Allee 9, täglich von 10–18 Uhr, mittwochs bis 20 Uhr, zu sehen. Telefon: 0 61 42 / 835 907

 www.opelvillen.de