© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 02/24 / 05. Januar 2024

Wer ist die größte Gefahr?
Vorschau 2024: Menschliche und Künstliche Intelligenz im Wettlauf
Josef Hämmerling

Donald Trump stelle die größte Gefahr für die Welt im Jahr 2024 dar, meint jedenfalls die britische Zeitung The Economist im Hinblick auf die 60. Präsidentschaftswahlen in den USA am 5. November. Oder ist es doch die Künstliche Intelligenz (KI), die führenden Experten zufolge „so gefährlich wie Pandemien oder Atomkrieg“ ist? Diese Stellungnahme wurde unter anderem  unterzeichnet vom Chef des ChatGPT-Erfinders OpenAI, Sam Altman, Demis Hassabis, dem Präsidenten der auf KI spezialisierten Google-Schwesterfirma DeepMind, sowie Geoffrey Hinton, einem der führenden Forscher in dem Bereich. 

In dieser Erklärung wird auf eine Reihe möglicher Gefahren durch KI hingewiesen, zum Beispiel deren Einsatz in der Kriegsführung oder durch die Entwicklung neuer Chemiewaffen. Eine große Gefahr bestehe auch in der Verbreitung von Falschinformationen mit Hilfe der Technologie sowie einer Zukunft, in der die Menschheit komplett von Maschinen abhängig werden könnte. Auf zwei großen Events wollen die führenden KI-Unternehmen und -Experten die Möglichkeiten der KI und besonders auch die Gefahren vorstellen. Einmal im Juni auf der IEEE Conference on Artificial Intelligence in Singapur und einmal im Oktober auf dem World Summit AI in Amsterdam. Diesen Gefahren will die EU-Kommission mit dem Artificial Intelligence Act (AIA) entgegenwirken, der 2026 in Kraft treten soll. Dieser enthält konkrete Vorschläge zur Regelung im Umgang mit Künstlicher Intelligenz in der Forschung und Wirtschaft.

Die politische Hauptgefahr besteht dem Economist zufolge darin, daß Trump im Gegensatz zum jetzigen Präsidenten Joe Biden Europa weniger unterstützen wird und der russische Präsident Wladimir Putin dies ausnutzen werde, um rigoroser gegen die Ukraine vorzugehen. 

Zwar gibt es auch in Rußland vom 15. bis 17. März Präsidentschaftswahlen, bei denen sich Putin für eine fünfte Amtszeit bis 2030 wählen lassen will. Seine Wahl gilt als sicher, da die meisten Oppositionellen im Gefängnis sitzen oder sich im Exil befinden. 

Wie es mit der Ukraine weitergeht, wird auch von den Europawahlen abhängen. Diese finden zwischen dem 6. und 9. Juni 2024 statt. Neuesten Umfragen des Blogs Der (Europäische) Föderalist zufolge werden die führenden drei Fraktionen Konservative (EVP), Sozialdemokraten (S&D) sowie die Liberalen (Renew EU) Verluste erleiden, während die Rechtsfraktionen EKR sowie ID ansteigen. Danach wäre das Mitte-Links-Bündnis aus Sozialdemokraten, Liberalen, Grünen und Linken so schwach wie noch nie.

Auch Cyril Ramaphosas Afrikanischer Nationalkongreß (ANC) schwächelt. Umfragen sehen die Partei vor der Wahl (Termin steht noch nicht fest) unter der 50-Prozent-Marke. Welche Partnerschaft käme im Anschluß in Frage? Eine Koalition mit der Demokratischen Allianz (DA) oder eher mit Julius Malemas kommunistischen Economic Freedom Fighters (EFF)? Experten wie der Wirtschaftsprofessor Sam Koma prognostizieren bereits weitere Unruhen für Südafrika.

Bei der Gendergerechtigkeit soll noch einiges gemacht werden

Trotz „erhöhter Sicherheitsherausforderungen“, die auch von der Zuwanderung in die EU ausgehen würden, sieht Frankreichs Sportministerin Amélie Oudéa-Castera die Olympischen Spiele nicht gefährdet. Diese sollen vom 26. Juli bis 11. August in Paris stattfinden. Eine Verlagerung der auf der Seine geplanten Eröffnungsfeierlichkeiten ziehe man derzeit trotz terroristischer Risiken nicht in Betracht. Bereits vorher findet Mitte Juni im französischen Nizza die 2. Weltkonferenz zur Geschlechtergleichstellung (GECONF) statt. Hier wollen führende Forscher, Gelehrte und Wissenschaftler auf diesem Gebiet sowie Mitglieder von gemeinnützigen und staatlichen Organisationen zusammen an Lösungen arbeiten.  Zwar sei unbestreitbar, daß in den vergangenen Jahrzehnten in der Frage der Gleichstellung der Geschlechter erhebliche Fortschritte erzielt worden seien. Dennoch reichten diese nicht aus, so die Organisatoren der von der EU-Kommission geförderten Konferenz.