Flugpassagiere kennen diesen Sicherheitshinweis: „Wenn Ihr Handy zu qualmen anfängt, informieren Sie umgehend einen Flugbegleiter.“ Denn ausgerechnet Samsungs neues Premiummodell Galaxy Note 7 machte vor sieben Jahren weltweit Schlagzeilen, weil dessen zu fest verbauter Lithium-Ionen-Akku mit einer Kapazität von 3.500 Milliamperestunden (mAh) zu Überhitzungen und Explosionen neigte. Die US-Luftfahrtbehörde FAA untersagte daher die Note-7-Mitnahme. Laptops und Tablets, die ein Mehrfaches an Akku-Kapazität haben, dürfen nicht ins Aufgabegepäck, denn die grobe Handhabung der Reisekoffer ist ein Sicherheitsrisiko für die druck- und temperaturempfindlichen Akkus.
Auch die Tiefentladung des Akkus kann eine Selbstentzündung verursachen, weil sie die Lithium-Ionen-Zellen schädigt. Apple verlangt von iPhone-Nutzern, die Geräte nur im Temperaturbereich von null bis 35 Grad Celsius (°C) zu nutzen. Ungenutzt sind zwischen –20 und 45 °C erlaubt. Außerhalb dieses Bereiches drohen Kettenreaktionen, Brand und Explosion. Und all das gilt auch für die kleinen Energiespeicher in leuchtenden Kinderschuhen und Luftballons, „singenden“ Grußkarten, elektrischen Zahnbürsten, Fernbedienungen oder E-Zigaretten, die leichtfertig entsorgt werden.
Tägliche Brände in Abfalltonen, Müllwagen und Sortieranlagen
Das ist keine Panikmache, wie die Aufklärungskampagne „Brennpunkt Batterie“ des Bundesverbandes der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft (BDE) zeigt. Die Verbraucher sollen sensibilisiert werden, Batterien und Akkus richtig zu entsorgen. Ziel ist es, viele Abfallbehälter mit roten Warnaufklebern auszustatten, um Fehlwürfe zu stoppen und auf die richtige Entsorgung von Batterien hinzuweisen. Versandhändler kennzeichnen ihre Pakete mit großer Akkufracht schon länger mit Warnstickern. Bisher landen Akkus oder Geräte, mit denen sie fest verbunden sind, häufig im Gelben Sack oder in der Papiertonne. Auch eine einheitliche Kennzeichnung ist bisher nicht vorgeschrieben, obwohl diese von Entsorgungsverbänden seit längerem gefordert wird.
„In der Vergangenheit hatten wir schon drei bis vier Brände in Müllfahrzeugen, die zum Glück alle relativ glimpflich ausgegangen sind“, erklärte Holger Kachel vom Abfallwirtschaftszweckverband Wartburgkreis im MDR. Die Sachschäden, die falsch entsorgte Batterien und Akkus verursachen, seien für die Mitarbeiter der Entsorgungswirtschaft potentiell lebensgefährlich, so der BDE. Bundesweit gebe es täglich bis zu 30 Brände in Recycling- und Sortieranlagen, auf Betriebshöfen oder in Müllfahrzeugen – und das trotz hoher Investitionen in die Branderkennung und -bekämpfung. Gefährlich wird es, wenn sich die Pole der Akkus berühren. Dann können sich diese selbst entzünden. Deswegen sollten die beiden Pole vor der Entsorgung abgeklebt werden und die Akkus oder kaputten Kinderspielzeuge im Handel oder bei Wertstoffhöfen abgegeben werden.
Speziell die Brände in Dresden und Duisburg sowie weitere Brandfälle in Entsorgungsunternehmen führten im Juli zu einer Krisensitzung der vier Recyclingverbände BDE, BDSV, BVSE und VDM in Bergkamen, um eine gemeinsame Position zur anstehenden Novellierung des Elektrogerätegesetzes zu finden und Politik und Hersteller mit Blick auf die „unzähligen Brände zum Handeln zu zwingen“. Grundsätzlich können brennende Lithium-Ionen-Akkus kleinerer Geräte mit viel Wasser selbst gelöscht werden. Sicherer ist es aber, die Feuerwehr zu rufen. Nicht nur weil giftige Gase austreten, sondern auch weil das verwendete Löschwasser mit dem Alkalimetall Lithium reagiert, wie manche noch aus dem Chemieunterricht wissen.
Erschwerend kommt dazu, daß Akkus und Batterien auch nach längerer Zeit wieder Feuer fangen können. „In diesem Sommer verging kaum eine Woche ohne mehrere Großbrände bei Entsorgern, zumeist verursacht durch beschädigte Batterien“, klagt BDE-Präsident Peter Kurth. „Ohne zusätzliche Präventionsmaßnahmen, die bereits in der Vorkette der Anlagen ansetzen, ist es nur eine Frage der Zeit, bis solche Brände nicht nur Sachschäden verursachen“, warnen die vier Verbände. Ihr Fünf-Punkte-Maßnahmekatalog sieht eine verpflichtende Annahme von Elektroaltgeräten durch Fachpersonal und eine zielgerichtete Sortierung von batteriehaltigen und batteriefreien Altgeräten vor.
Gleichzeitig sollen die Übergabestellen durch eine „Erklärung der Batteriefreiheit“ bestätigen, daß die mit Elektroaltgeräten der Sammelgruppen 2 (Bildschirmgeräte), 4 (Großgeräte) und 5 (Kleingeräte) befüllten Behälter frei von Batterien und batteriehaltigen Altgeräten sind. Gefordert wird weiterhin die Einführung einer Sammelgruppe für batteriehaltige Altgeräte. So könne die Brandgefahr durch Fehlwürfe deutlich reduziert werden. Auch vereinfache eine separate Sammelgruppe die logistische Handhabung durch die Entsorgungsträger und reduziere den Infrastrukturaufwand für die Erfassung von Elektroaltgeräten.
Die kommunale Erfassungsleistung sei durch die Hersteller zu finanzieren, empfehlen die Recyclingverbände: Um den organisatorischen Mehraufwand bei den Kommunen auszugleichen und dem Fachkräfte bzw. Personalmangel entgegenzutreten, werde die Schaffung eines finanziellen Anreizes durch die entsorgungspflichtigen Hersteller und Inverkehrbringer empfohlen, der Kommunen immer dann zur Verfügung gestellt wird, wenn diese nachweislich sicherstellen, daß keine batteriehaltigen Elektroaltgeräte in falsche Kanäle gelangen und die erfaßten Elektroaltgeräte nach den Vorgaben des ElektroG korrekt erfaßt wurden. Nur: Es geht um jährlich über 850.000 Tonnen Elektroaltgeräte. Und die wenigsten davon sind noch „Made in EU“ oder gar „Made in Germany“.
Wiederverwertung leistet wichtigen Beitrag zur Rohstoffversorgung
„Der Trend ist eindeutig: Es kommen immer mehr Konsumgüter wie Unterhaltungselektronik, Werkzeug, Kleidung oder Möbel in den Handel, die mit Lithium-Ionen-Akkus bestückt sind, das bedeutet aber auch, daß die Brandgefahr immer weiter zunehmen wird“, sagt BVSE-Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock. „Es kann aber nicht sein, daß die Unternehmen, die diese Akkus in die Welt setzen, damit Geld verdienen und die Entsorgungsunternehmen die Brandrisiken schultern müssen.“ Privathaushalten würde es häufig an klaren Informationen fehlen, wie Altbatterien und Altgeräte entsorgt werden müssen.
Harsche Kritik gibt es daher an der deutschen Politik. „Es ist unverständlich, daß für eines der drängendsten Probleme der Recyclingwirtschaft kaum politische Impulse zu vernehmen sind“, heißt es von den Recyclingverbänden. Die derzeitige Situation widerspreche den Anforderungen der groß verkündeten Kreislaufwirtschaft. Die mangelhafte Sorgfalt steht auch im Widerspruch zu den Zielen des Critical Raw Materials Act der EU, der nicht nur die Rückgewinnung von Gold und Kupfer zum Inhalt hat. Wiederverwertung leistet auch einen wichtigen Beitrag zur Rohstoffversorgung.
Da aber Aufklärung, rote Aufkleber und die verschärfte EU-Batterieverordnung sicher nicht alle Konsumenten erreichen und überzeugen werden, verlangt das Positionspapier auch ein Pfand für Akkus und Batterien. BDE-Chef Kurth schweben, je nach Größe, bis zu 50 Euro vor. Da die Bundesregierung das Positionspapier aber kaum beachtet hat, kam es im Oktober zu ersten Protesten der kommunalen und privaten Abfallentsorger im Berliner Regierungsviertel. Mit einem Lkw-Korso machten diese auf die Gefahr von Batteriebränden aufmerksam. Unterwegs waren beim „Protest der Müllwagen“ natürlich nur Diesel-Lkws.
Kampagne der Entsorgungsbetriebe: www.bde.de/themen/brennpunkt-batterie