An Versuchen, dem in weiten Bevölkerungsteilen unbeliebten Rundfunkbeitrag zu entgehen, hat es in der Vergangenheit nicht gemangelt. Meist endeten diese Versuche mit Zwangsvollstreckungen, in manchen Fällen sogar mit einer Inhaftierung.
Der Geschäftsmann Markus Bönig will nun ein Modell entwickelt haben, das die Verweigerung der „Zwangsgebühr“ auf rechtlich sichere Beine stellen soll. Mit seinem Portal beitragsblocker.de sorgt Bönig derzeit für Aufsehen. Dabei hatten ihn Politiker, Juristen und Medien am Anfang noch belächelt. Als Mitglied der Querdenkerpartei „Die Basis“ wurde der 48jährige einer größeren Öffentlichkeit bekannt. „Er sucht zielsicher Gesetzeslücken und testete Graubereiche aus. Von seinen Firmen gab es schon Bescheinigungen über Schnelltests und vorläufige Impfunfähigkeit. Und er startete eine Jobvermittlung für Ungeimpfte und eine Arztvermittlung für Impfgeschädigte“, schrieb das Portal T-Online.de vor einem Jahr über den Niedersachsen.
Nach Ende der Corona-Maßnahmen probierte Bönig, der sich selbst als „Sozialunternehmer“ beschreibt, sich als Behindertenvertreter zu profilieren. Und nun versucht er sich als „Robin Hood“ der Beitragszahler. „Du zahlst ein allerletztes Mal den Quartalsbeitrag in Höhe von 55,08 Euro und erhältst alle anwaltlich erarbeiteten Schreiben, um Dich in drei Schriftsatz-Wellen wirksam zu befreien. Weitere Kosten, auch bei juristischen Rückfragen, entstehen nicht mehr“, verspricht die Internetseite der Initiative. Dabei beruft man sich auf eine Gesetzesänderung, die bereits zehn Jahre zurückliegt: Kein Gerichtsvollzieher könne seitdem mehr legal Forderungen des Beitragsservices – so nennt sich die GEZ heute – eintreiben.
Die Regeln für Gerichtsvollzieher nutzen
In der Tat: Seit der Abschaffung der Gerichtsvollzieherregelung sind Gerichtsvollzieher keine Beamten mehr und können keine hoheitlichen Aufgaben mehr wahrnehmen. Damit könne der Rundfunkbeitrag zwar weiterhin festgesetzt, aber nicht mehr wirksam vollstreckt werden, schlußfolgern die „Beitragsblocker“. Experten bewerteten die Argumentation durchaus als kreativ, aber letztlich wenig erfolgversprechend – schließlich habe das Bundesverfassungsgericht den Rundfunkbeitrag bestätigt.
Doch Mitte Oktober sorgte ein Urteil des Landgerichts München für Aufsehen. Es entschied in zweiter Instanz zugunsten einer Rechtsanwältin, die sich über Monate weigerte, die Rundfunkgebühren zu bezahlen. Die Juristin hatte die Argumentation des Beitragsblockers verwendet, um die Vollstreckung von Rundfunkbeiträgen zu verhindern. Die Klägerin hatte seit 2022 keinen Beitrag mehr bezahlt und gegen sämtliche Festsetzungsbescheide Widerspruch eingelegt sowie letztlich Klage erhoben. Die Klägerin hatte sich zusätzlich mit einer Beschwerde gegen die Eintragung im Schuldnerregister gewandt – erfolgreich.
Der Bayerische Rundfunk hatte aufgrund des laufenden Verfahrens auf die weitere Vollstreckung verzichtet. Wie die Öffentlich-Rechtlichen mit diesem Urteil insgesamt umgehen werden, ist noch offen. Außer Frage steht, daß es ihren Juristen Kopfzerbrechen bereiten dürfte. „Der rechtliche Hintergrund ist von erheblicher und grundsätzlicher Bedeutung“, so die Rechtsanwältin Karolin Ahrens, die das Anwaltsteam der Beitragsblocker leitet. „Sämtliche Gerichtsvollzieher in der Bundesrepublik sind seit dem 01.08.2012 freiberuflich tätig und aufgrund einschlägiger Gesetzesänderungen nicht mehr als Beamte der Justiz tätig.“ Voraussetzung für eine Ersatzvornahme – sprich daß ein Freiberuflicher hoheitlich tätig werden darf – ist nämlich, daß die Handlung übertragbar ist. Ahrens argumentiert weiter, daß das Bundesverfassungsgericht bereits 1959 festgestellt habe, daß eine solche Übertragung hoheitlicher Maßnahmen, die immerhin die Anwendung oder Androhung unmittelbaren Zwangs beinhalten kann, nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sei.
Ursprünglich hatten die Beitragsblocker noch einen anderen Ansatz verfolgt. Demnach sei die Erhebung der Gebühr rechtswidrig, weil der öffentlich-rechtliche Rundfunk heute keine Meinungsvielfalt mehr gewährleisten würde. Zudem sei eine Mehrheit der Bürger gegen die Zwangsabgabe. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wollte dieser Argumentation jedoch nicht folgen. Den Beitragspflichtigen stünden hierfür die Eingabe- und Beschwerdemöglichkeiten der gesetzlich vorgesehenen Stellen der Rundfunkanstalten offen.
Nun versucht man sich also mit der Gerichtsvollzieher-Lücke. Die weiteren Erfolgsaussichten sind dabei ungewiß, denn die Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung hat das Münchner Landgericht eben nicht angezweifelt. Sie hat lediglich die Vollstreckung in einem Einzelfall vereitelt.