Wenn Experten widerstreitender Meinung sind, hat der Laie die Qual der Wahl, welcher Ansicht er zuneigt. Das gilt zumal für künstlerische Werke, beispielsweise die Interpretation klassischer Musikstücke. Nehmen wir das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach, uraufgeführt in den sechs Gottesdiensten zwischen dem ersten Weihnachtsfeiertag 1734 und dem Epiphaniasfest am 6. Januar 1735 in der Leipziger Nikolaikirche und der Thomaskirche. Eine Gesamtaufnahme auf Tonträger erschien erstmals 1950; ihr folgten bis heute rund vierzig weitere. Doch welche Aufnahmen sind die besten?
Musikkritiker nennen vor allem immer wieder zwei, ohne sich einig zu werden. Da ist zum einen die älteste Stereo-Aufnahme dieses Werkes von 1958. Kurt Thomas dirigiert das Gewandhausorchester Leipzig, das Solisten-Ensemble besteht aus Agnes Giebel, Marga Höffgen, Josef Traxel und Dietrich Fischer-Dieskau; dazu singt der Thomanerchor Leipzig.
Noch häufiger genannt wird eine Aufnahme von 1965. Eingespielt von Karl Richter und seinen Ensembles, dem Münchener Bach-Chor und dem Münchener Bach-Orchester, sticht sie besonders durch die Sängerriege hervor, allen voran Fritz Wunderlich. Tragischerweise ist es eine der letzten Aufnahmen des lyrischen Tenors, der im Jahr darauf bei einem Treppensturz ums Leben kam. Neben ihm glänzen in diesem Weihnachtsoratorium Gundula Janowitz (Sopran), Christa Ludwig (Altstimme) und der Bassist Franz Crass. „Jauchzet, frohlocket! auf, preiset die Tage“.
Johann Sebastian Bach Weihnachtsoratorium Karl Richter l Münchener Bach-Orchester l Gundula Janowitz l Christa Ludwig l Fritz Wunderlich l Franz Crass