Die 300. Ausgabe (Dezember/Januar 23/24) von Pulsar, der zehnmal jährlich erscheinenden „Zeitschrift für aktives Bewußtsein, Gesundheit, Therapie und Innere Entwicklung“, hat das Thema „Mythen und Wahrheit“ als Schwerpunkt. Tatsächlich ist der Jahreswechsel eine magische Zeit, um die sich während der Rauhnächte besonders viele Mythen ranken. Sie spielen sich vielfach im kollektiven Unterbewußten ab und dienen dazu, den Menschen in die Bewußtwerdung zu begleiten. Mythen skizzieren seelische Archetypen, deren Zuordnung – nach C. G. Jung – uns letztendlich zur Selbsterkenntnis führen soll. Doch kann beispielsweise innerer Friede nur dann entstehen, wenn ein geistiger und spiritueller Zustand von Ruhe und Gelassenheit herrscht.
Grundsätzlich versteht man unter Mythen Geschichten, die universale Wahrheiten beinhalten, bestimmte Werte innerhalb einer Gesellschaft vermitteln oder helfen, die soziale Ordnung anzuerkennen. Ihre positive Kraft beruht darauf, daß sie kulturelle Identität, Lebenssinn, Erfahrungen, Traditionen sowie gesellschaftliche und religiöse Orientierung vermitteln. Sie tragen somit zum Zusammenhalt einer Gruppe oder eines Volksstammes bei und stiften ein Gefühl von Heimat, das uns Halt gibt.
So ergeben sich die zwölf „Rauhnächte“ aus den letzten sechs Tagen (Nächten) des alten Jahres und den ersten sechs des neuen Jahres zwischen dem 25. Dezember und dem 6. Januar. Bei den Kelten galten sie als eine Zeit mit großer magischer Kraft, die sich sozusagen außerhalb der „normalen Zeit“ befindet, und in der die Tore zur „Außenwelt“ weit offenstehen. Es war eine Zeit der Verbindung mit unseren Ahnen, mit Engeln und höheren Wesen, die Zeit der Orakel, Prophezeiungen, Geistervertreibungen, der Auflösung und des Neubeginns. Die Rituale, die in den „Rauhnächten“ vollzogen wurden, waren besonders wirkungsvoll und beherbergten das gesamte kommende Jahr in sich.
Der protestantische Religionsphilosoph Paul Tillich (1886–1965) begrüßte die positive Kraft der Mythen: „Man soll nie sagen, etwas sei nur ein Mythos. Vielmehr soll man sagen: Es ist nichts Geringeres als ein Mythos!“ Nun bemühen sich Aufklärung und Rationalismus nach Kräften um eine Entmythologisierung und versuchen die Mythen auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen, doch ist ihre integrationsstiftende Kraft und ihre Widerspiegelung in der kausalen Welt stärker. Allein die griechische Mythologie mit ihrem Götter-Stammbaum oder die germanische Mythologie mit der Edda und dem Nibelungenlied und nicht zuletzt der Schöpfungsmythos schlagen die Menschen als Gegentrend zur Wissenschaftsgläubigkeit immer noch in ihren Bann und verzaubern den oftmals grauen Alltag.
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